Donnerstag, 5. Juni 2008

schön(-)geredet.

Es ist doch immer wieder interessant, wenn versucht wird, gesellschaftliche und kulturelle Problematiken als isoliertes Einzelproblem auszudiskutieren. So, wie gestern Abend zum Beispiel im Ersten Fernsehprogramm, "Hart aber fair", Thema: "Die Topmodel-Gesellschaft - wie krank macht uns der Schönheitswahn?".
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Nun gut. Wie ohnehin jeder weiß, sind es nicht reine Äußerlichkeiten, sondern es sind die "inneren Werte" das, was wirklich zählt. Wahrscheinlich wegen eben dieser Selbstverständlichkeit gibt es auch nur solche Sendungen wie "Germany's Next Top Model" und keine "Deutschlands nächster Dichter und Denker".
Es könnte allerdings auch daran liegen, dass die lukrative so genannte "Zielgruppe" der 14- bis 25-jährigen weniger mittels "innerer Werte", mit Dichterei und Denkertum, sondern vielmehr mittels Äußerlichkeiten wie Baseballmützen, Schlabberjeans und dem neuesten Handymodell so etwas wie eine psychologische Gruppenzugehörigkeit signalisieren will.
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Der plakatierte "Schönheitswahn" ist daher nur ein Bruchteil des eigentlichen Kernproblems. Ein Bruchteil, den man für diese Folge von "Hart aber fair" ausgesucht und zum Thema gemacht hat. Das hat immerhin den Vorteil, sich in den nächsten Folgen mit weiteren Bruchteilen beschäftigen zu können. Etwa damit, dass junge Menschen, die figürlich nicht mithalten können, sich ersatzweise bei Dieter Bohlen und "Deutschland sucht den Superstar" präsentieren und/oder sich die Teilnahme an einem "Dschungel-Camp" als persönliches Fernziel setzen.
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Ein scheinbarer Konsenz in "Hart aber fair" lief letztlich darauf hinaus, dass doch im Grunde jeder einfach machen soll, was er gern will. Quasi: früher wollten die Jungs allesamt Lokführer werden, und heute eben irgendein "Superstar". Doch das wäre im Grunde gleich die nächste Talkshow-Folge wert: Denn wer oder was sorgt eigentlich dafür, dass junge Menschen A wollen und nicht B? Und könnten da nicht irgendwelche Interessen von irgendwem dahinterstecken, dass junge Menschen etwas Bestimmtes wollen und etwas anderes dagegen nicht wollen? Und inwieweit hat das wiederum mit der "Wissensgesellschaft" zu tun, in der wir angeblich leben, mit "PISA"-Studien und mit der "Bildungsoffensive", die unsere Regierung gestartet hat?
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Oder auch spezifischer: Was wird denn nun gewollt? Wird ein Wirtschaftswachstum und eine Arbeitsplatzsicherung gewollt, zum Beispiel indem Unternehmen ihre Produkte erfolgreich vermarkten, und zwar u.a. über Werbespots in Fernsehsendungen, die für genau die "relevante Zielgruppe" und entsprechender Einschaltquoten überhaupt nur konzipiert werden? Oder wird eine "gebildete Gesellschaft" gewollt, die davon verschont bleibt? Oder gehört das vielmehr zu dem dazu, was unter "Bildung" verstanden wird?

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