Mittwoch, 27. August 2008

periodische Zufälle.

Als ob wir alle nicht Angst genug hätten: Die Rohöl-Reserven neigen sich dem Ende zu, entsprechend explodieren Spritpreise und Heizkosten, der "Klimawandel" bedroht uns unausweichlich mit Wirbelstürmen, Überschwemmungen und mit Hitzewellen oder wahlweise auch Eiszeiten, Osama Bin Laden ist noch immer auf freiem Fuß, die Wirtschaft geht wieder den Bach runter, die Armut greift um sich und in nicht allzu ferner Zukunft wird Trinkwasser zum Luxusgut, um das Kriege geführt werden.
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Apropos "Krieg": Kannten Sie vor ein paar Wochen eigentlich Südossetien und Abchasien? Eher nicht? Dann wissen Sie inzwischen zumindest über die ungefähre geographische Lage Bescheid. Und über den so genannten "Kaukasus-Konflikt" zwischen Russland und Georgien, der - laut niemand geringerem als Außenminister Steinmeier - "unabsehbare Folgen für die Sicherheit aller Europäer" haben könnte. Siehe oben: Als ob wir alle nicht schon Angst genug hätten.
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Ganz sicher aus purem Zufall übrigens keimt diese nagelneue, völlig unerwartete Bedrohung recht kurz vor den Präsidentschaftswahlen in den USA auf - ganz ähnlich übrigens, wie kurz vor der letzten Präsidentschaftswahl in den USA ebenso völlig unerwartet eine bedrohliche "Videobotschaft" von Osama Bin Laden auftauchte. So, wie das "damals" dem republikanischen Kandidaten George W. Bush einige, womöglich entscheidende Wählerstimmen bescherte, dürfte diesmal wohl auch der aktuelle republikanische Kandidat John McCain von diesem kaukasischen Zufall profitieren. Warten wir es ab. Dann hätte er aber mächtig Glück gehabt. Während zu unser aller Glück wiederum in spätestens drei Monaten im Kaukasus wieder Ruhe eingekehrt sein wird. Rein zufällig.
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"huch".

Ein "Huch" ist eine mögliche Reaktion, wenn jemand etwas entdeckt. Und zu entdecken gibt es laut herkömmlicher Werbung so einiges. Ich fand das heraus, als ich mir kürzlich in voller masochistischer Absicht einen TV-Werbeblock angesehen habe, was ich ansonsten durchgehend vermeide, damit mein Kopfschütteln über Werbesprüche nicht noch chronisch wird.
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Innerhalb dieses gerade einmal vier-/fünfminütigen Werbeblocks war also irgendeine "...Genesis"-Hautcreme zu "entdecken", es waren bei einem Möbelhaus "Möglichkeiten zu entdecken", es war ein spezieller Kleinwagen und kurz darauf anschließend gleich eine ganze Automarke zu "entdecken". Mein Gott, wie aufregend und spannend die Konsumwelt doch ist.
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Apropos "(Konsum-)Welt": Ein bekannter Kaffeeröster bietet jede Woche eine neue Welt, jedes zweite Kaufhaus preist seine "Einkaufswelt" an, innerhalb der sogar noch irgendwelche subversive Unterwelten zu existieren scheinen ("Sportwelt", "Bücherwelt", etc), dazu "Möbel-" und "Erlebniswelten", und in allen diesen "Welten" gibt es allerhand zu "entdecken".
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Ich frage mich, warum das nicht längst auch anderswo übernommen wurde. Angesichts dramatischer "PISA"-Katastrophen würde es auf die Kids womöglich echt krass wirken, wenn die Schule keine schnöde Schule, sondern eine abgefahrene "Bildungswelt" wäre, in der es Intelligenz zu "entdecken" gäbe, mit dem Bereich zwischen Lehrerpult und Tafel zur "Eventfläche" deklariert und die Benotungen in Form des inzwischen hip und trendy aufgestylten "Eurovision Song Contest" aufgepeppt: "Kevin... 12 points, Alexandra... 6 points".
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An dieser Stelle muss ich den Beitrag schließen. Ich habe noch allerhand zu tun, um meine "Beratungswelt" neu zu creieren.
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Montag, 25. August 2008

richtungweisend beauftragt.

Kürzlich musste ich miterleben, wie das laufende Radioprogramm plötzlich für eine Mitteilung unterbrochen wurde: "Achtung! Ein Falschfahrer auf der Bundesstraße XY! Ich wiederhole: Auf der Bundesstraße XY kommt Ihnen ein Geisterfahrer entgegen". Falschfahrer. Geisterfahrer. Ob das eigentlich politisch korrekt ist? Ich meine: Heute, im Jahr 2008? Wo es doch für jeden Politiker längst zum Automatismus geworden ist, beide Geschlechter anzusprechen: "Liebe Wählerinnen und Wähler, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Betroffinnen und Betroffene, liebe Arbeitslosinnen und Arbeitslose".
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Ich schrieb daraufhin eine kurze eMail an den verantwortlichen Radiosender (übrigens: den angeblich größten und erfolgreichsten Radiosender des betreffenden Bundeslandes), warum bitte ausschließlich vor männlichen Falsch- und Geisterfahrern gewarnt werden würde(?). Ich als Mann würde mich dadurch diskriminiert fühlen und bitte um eine zukünftig veränderte Formulierung.
Heute Morgen rief mich die Redaktion des Senders an. Man teilte mir mit, dass für einen dringenden Warnhinweis, der beide Geschlechter einbezieht, jeweils keine Zeit sei, es käme schließlich auf jede Sekunde an, bis eine solche Meldung ausgesprochen sei, könne womöglich schon ein Unfall passiert sein. Aha.
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Da werde ich mich wohl nun an den Gleichstellungsbeauftragten wenden müssen. Obwohl... wie ich gerade sehe... den gibt es nicht. Es gibt nur weibliche Gleichstellungsbeauftragte, die mitunter auch "Frauenbeauftragte" genannt werden, siehe >> www.frauenbeauftragte.de. Aha.
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Donnerstag, 14. August 2008

leicht verschwommen.

Mir ist nicht bekannt, aus welchem Grund vorgestern Spätabend im TV-Programm erstaunlich viele Beiträge über den "Klimawandel", über Erderwärmung und Treibhauseffekt liefen. Womöglich war vorgestern der "Internationale Tag des Klimawandels" oder etwas in der Art.
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Auf "Phoenix" jedenfalls war eine enorm ausgiebige Dokumentation ("Rückkehr der Sintflut") zu sehen, deren zwei Teile in direkter Abfolge nacheinander gesendet wurden. Eine Dokumentation, sehr raffiniert mit spielfilmähnlichen Szenen angereichert, die die Stadt Köln im Jahr 2035 zeigen sollten. Zum Zweck der Veranschaulichung, welche Folgen der "Klimawandel" hierzulande, quasi "vor unserer Haustür" haben wird, wenn etwa Köln dreimal öfter von Hochwasser heimgesucht werden wird als heute - inklusive der Überflutung von am Rhein gelegenen Chemie-Anlagen mit der Verseuchung von Rhein- und Trinkwasser, dem dazugehörigen Ausbruch von Seuchen und dem Zusammenbruch der Trinkwasserversorgung. Dramatisch, dramatisch. Also ganz so, wie das übliche Szenario des "Klimawandels" gemalt wird.
Das Ganze dazu noch angereichert mit Szenen aus Bangladesh, wo bereits heute die Zeitabstände zwischen großen Sturmfluten immer kürzer werden und nicht mehr alle fünf bis zehn, sondern inzwischen alle drei Jahre stattfinden, bei denen sehr viele Menschen jedesmal ihr gesamtes Hab und Gut verlieren.
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Bei solchen Szenen kann man Angst bekommen. Und genau darauf lief es in "Rückkehr der Sintflut" auch hinaus, der Titel inklusive. Hoffnungsschimmer? Fehlanzeige. Lässt sich etwas dagegen tun? Nur wenig bis gar nichts. So wird es also zwangsläufig und unausweichlich im Großraum Bangladesh demnächst Millionen so genannter "Klimaflüchtlinge" geben, eine Art "Völkerwanderung" in sichere Gebiete, vielleicht Richtung Asien, vielleicht sogar in Richtung Europa. Und hierzulande, etwa in Köln? Köln wird zum Großteil unter Wasser stehen, Hunderttausende Menschen werden Opfer des Wassers. Zwangsläufig. Unausweichlich.
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Das kann man so erst einmal auf sich wirken lassen. Und sich anschließend zur >> Website über das "Freedom Ship" klicken: Das in Bau befindliche größte Schiff der Welt, eine Kleinstadt auf dem Wasser, etwa einen Kilometer lang, mit Platz für 50.000 bis 80.000 Menschen. Nicht, dass Sie etwa meinen, das wäre ein Konzept, um bedrohten Menschen neuen Lebensraum auf den Meeren zu ermöglichen. Es wird eine Art "Arche Noah für Gut-Betuchte" mit sehr, sehr teuren Eigentumswohnungen, wird ausschließlich in internationalen Gewässern schwimmen, und somit jeder staatlichen Kontrolle und jeder staatlichen (vor allem: Steuer-)Gesetzgebung sehr elegant ausweichen. Als nettem Nebeneffekt entkommt man auf dem "Freedom Ship" natürlich auch dem bedrohlichen Anstieg des Meeresspiegels. Wenn man es sich leisten kann.
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Mittwoch, 13. August 2008

digitale Ver(w)irrung.

Eine Dokumentation gestern Abend im Ersten Fernsehprogramm: "Spielen, spielen, spielen... wenn der Computer süchtig macht". Auszug aus der offiziellen Inhaltsbeschreibung: "Über ein Jahr lang hat das Autorenteam Marc-Oliver und seine Familie begleitet - ein Jahr im Leben eines Spielsüchtigen", eine Dokumentation über "die Auswirkungen der Computerspielsucht sowie die Hilflosigkeit der Eltern", die sich "diesem neuen Krankheitsbild auch aus Sicht von Neurologen und Psychiatern" nähert. Dem ausgewählten Themenaspekt (nämlich eben dem Suchtaspekt) entsprechend ging diese Dokumentation am eigentlichen Kern der Sache vorbei.
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Ähnliches gilt für die vom Autorenteam ausgewählten betroffenen Eltern, die über ihre ganze Hiflosigkeit berichten durften. Denn: Wenn man schon von der Annahme ausgeht, dass Computerspiele süchtig machen, dann ist es eine ziemlich naive Reaktion von Eltern, ihren Kindern (u.a. mit dem Entzug von Taschengeld) zu drohen. Und noch naiver, sich darüber zu wundern, wenn die von den eigenen Eltern bedrohten Kinder ihre Sachen packen und auf Nimmerwiedersehen irgendwohin verschwinden, wo sie nicht bedroht, sondern verstanden werden. Eltern, die ihre computerspielsüchtigen Kinder verstehen oder das zumindest versuchen, tauchten in der Dokumentation dagegen nicht auf. Das so dargestellte Bild der Folgen war entsprechend verzerrt. Vielleicht sollte das Autorenteam gleich eine weitere Dokumentation über die Konfliktfähigkeit von Eltern gegenüber ihren Kindern drehen.
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Denn: zu verstehen gibt bei dieser Thematik bedeutend mehr, als von einer Sucht und einem Krankheitsbild zu sprechen, bei dem unterschwellig mitschwingt, man müsse in erster Linie mit medizinischen, klinischen, pharmazeutischen, (psycho-)therapeutischen Maßnahmen eingreifen, um eine "Fehlfunktion im Kopf" des Betroffenen zu beheben.
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Was es tatsächlich und noch viel mehr zu verstehen gibt, hat zum Beispiel damit zu tun, wenn gemeint wird, die Betroffenen würden sich "lieber in der virtuellen als in der realen Welt" aufhalten. Man könnte und sollte langsam verstehen, dass das Virtuelle ein Teil der realen Welt ist und kein psychologischer Effekt bewusstsein-erweiternden Drogenkonsums. Das eigentliche (Verständnis-)Problem resultiert genau daraus: zwischen "virtueller" und "realer" Welt fein säuberlich zu trennen.
So meinte kürzlich der auf das Internet spezialisierte Medienphilosoph David Weinberger: "Der Wandel (Anm.: durch das Internet) ist nicht nur für unsere Institutionen fundamental, sondern auch dafür, wie wir über uns selbst nachdenken - und darüber, was unsere Welt eigentlich ist. Eine grundlegende Herausforderung für unsere Vorstellung von Wissen, unsere Vorstellung von Gemeinschaft, vom Menschsein. Es dauert ein bisschen, sich damit auseinanderzusetzen".
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In der Tat: es dauert ein bisschen. Es wäre durchaus sinnvoll, sich diese Zeit für ein paar tiefere Gedanken darüber zu nehmen statt "das Virtuelle" kurzerhand in irgendwelche Sucht- und Krankheits-Kategorien zu (ver-)stecken. Im Falle der Fernsehdokumentation hat offenbar ein ganzes Jahr nicht ausgereicht, das die Autoren damit verbrachten, Betroffene und deren Eltern zu begleiten.
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Montag, 11. August 2008

Meinungs-Bastelstunde.

Einer heutigen Meldung zufolge hält - einer "Emnid"-Umfrage im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung zufolge - (fast) die Hälfte der Deutschen das hierzulande herrschende Schulsystem für ungerecht. Wie Sie wissen, stehe ich Umfrage-Ergebnissen etwas kritisch gegenüber. In diesem Fall etwa könnte man, müsste man und sollte man sich beispielsweise - bevor man sich auf das angebliche Umfrage-Resultat stürzt - mit der Frage beschäftigen, was eigentlich genau "gerecht" und "ungerecht" sein soll und ob man die Befragten vorab auch dazu befragte.
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Jedoch: das wird wohl kaum der Fall gewesen sein. Die Befragten wurden befragt, ob sie das deutsche Schulsystem für gerecht halten, ja oder nein. Die einzelnen subjektiven Einschätzungen dessen, was überhaupt gerecht ist bzw. sein könnte, interessieren nicht; das sieht ohnehin jeder anders; wie sollte man das auch in eine Prozentzahl packen; da beschränken wir uns lieber auf das übersichtliche schwarz und weiß. Eben.
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Interessant wird es nämlich hierbei auch, wenn sich im Rahmen dieser Umfrage angeblich herausgestellt hat, dass "fast 90 der Befragten fordern, Kinder aus sozial schwachen Familien stärker individuell zu fördern". Natürlich.
Man stelle sich die passende Fragestellung vor: "Sind Sie der Meinung, Kinder aus sozial schwachen Familien sollten stärker individuell gefördert werden?". Welcher Befragte offenbart dabei schon seine kompletten Vorurteile gegenüber "sozial Schwachen" und will dazu noch als kinderfeindlich dastehen? Eben.
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Auch hier: man wird die Befragten wohl kaum gefragt haben, was sie sich unter "sozial schwachen Familien" überhaupt vorstellen und was das sein soll. Man käme dabei nämlich sehr schnell zu der Einsicht, dass diese so genannten "sozial Schwachen" grundsätzlich ghettoisiert leben müssen, aus "Hartz-IV"-Kostengründen vom Sozialamt in Stadtteile verbannt, wo es von so genannten "sozial Schwachen" nur so wimmelt. Jeder, der in einem solchen Stadtteil lebt, ist von vornherein mit dem Makel eines "sozial Schwachen" belegt. Und das gilt erst recht für Jugendliche, die auf ihre Bewerbung schließlich ihre Anschrift notieren und vom Personalbüro gleich bei der ersten Durchsicht aussortiert werden.
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Und dann hilft es rein gar nichts, wenn "Kinder aus sozial schwachen Familien stärker individuell gefördert" werden. Und dann ist nicht nur dieses Umfrage-Ergebnis völlig irrelevant, sondern schon die Fragestellung zeugt von der kompletten Ahnungslosigkeit renommierter Meinungsforscher. Aber wer will sich all diese Gedanken schon machen? Hauptsache, diese Umfrage wird nun in den Polit-Talkshows thematisiert und daraufhin etwas unternommen. Selbst wenn es noch so weit am eigentlichen Problem vorbeigeht.
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