Donnerstag, 10. Dezember 2009

verschleckerte Marktwirtschaft.

Im bayerischen Heroldsberg spielt sich zurzeit eine marktwirtschaftliche Meisterleistung ab: dort wurde kürzlich eine "Schlecker"-Filiale geschlossen, den Mitarbeiterinnen wurde entsprechend gekündigt. Das ist der erste Teil der Geschichte.
Der zweite besteht darin, dass ein paar Meter nebenan eine "Schlecker"-Filiale eröffnet hat. Die vorher gekündigten Mitarbeiterinnen durften sich für diese neue Filiale neu bewerben, was natürlich auch mit neuen Arbeitsverträgen verbunden ist: dieselben Mitarbeiterinnen erhalten demnach nun bis zu 50% weniger Gehalt und weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld.
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Aus rein unternehmerischer Sicht und rein betriebswirtschaftlich (jeweils mit der Betonung auf "rein" im Sinne von "ausschließlich") eine fast schon geniale Vorgehensweise, um Arbeitslöhne zu minimieren und gleichzeitig Gewinne zu maximieren. Zumal es das System der (übrigens: "sozialen") Marktwirtschaft ganz offenbar ermöglicht, dass sich das Ganze trotz des damit verbundenen Aufwands von Filialschließungen und -eröffnungen lohnt - für den Unternehmer.
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Mehr noch: wie einige Mitarbeiterinnen gegenüber einem Radiosender meinten, werden sie mit dem nun um bis zu 50% reduzierten Gehalt ihr Leben nicht mehr finanzieren können, und werden das so genannte "ALG II", umgangssprachlich "HartzIV" beantragen müssen - die so genannten "Aufstocker" unserer Gesellschaft, deren Gehalt zum Leben nicht ausreicht. So kann sich ein Konzern mit einem Jahresumsatz von 7,42 Milliarden Euro also seine Mitarbeiter sogar vom Staat mitfinanzieren lassen, unter anderem also auch: von Ihnen. Auch das ermöglicht offenbar die (übrigens: "soziale") Marktwirtschaft.
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Vielleicht wollen Sie das berücksichtigen, wenn Sie das nächste Mal vor einer "Schlecker"-Filiale stehen. Und vielleicht ändert das auch die Meinung des einen oder anderen gegenüber "Aufstockern", gegenüber Menschen, die "arm trotz Arbeit" sind, und die es sich eben nicht "in der sozialen Hängematte bequem machen", sondern sehr unbequem und gegen ihren Willen dort hineingelegt werden. Und vielleicht bekommt nun auch der Vorletzte allmählich mit, woran es hierzulande tatsächlich hakt - ...damit es irgendwann auch der Letzte verstehen oder irgendwann dazu gezwungen werden wird, der das Sozialsystem auf ganz andere Weise - rechtlich völlig legitim - ausnutzt, nämlich: unternehmerisch. Rein unternehmerisch.

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