Montag, 11. April 2011

menschlich inkonsequent.


Wie war das noch, als Kanzlerin Angela Merkel angesichts der Folgen der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima auch die Atomkraft hierzulande in Frage stellte: man kritisierte das als „Schlingerkurs“. Genau so gut hätte man natürlich wohlwollend erfreut sein können, dass hier jemand eventuell dazugelernt und seine Sichtweise, Meinung und Überzeugung geändert haben könnte.

Was ist also nun konsequent: An einer einmal getroffenen Entscheidung festzuhalten, komme, was da wolle, koste es, was es wolle – oder sie bei Notwendigkeit, bei einer neuen Situation, bei veränderter (Er-)Kenntnislage einsichtig zu revidieren?

Und Guido Westerwelle? Nein, wirklich spontan hat er den FDP-Parteivorsitz und die Vizekanzlerschaft nicht aufgegeben. Wer will ihm das verdenken? Dabei wäre es nach den jüngsten Wahlschlappen nur konsequent gewesen, das Handtuch zu werfen. Oder wäre es nicht eher konsequent gewesen, das Ruder auch bei Sturm in der Hand zu behalten statt als Kapitän das im Sinken begriffene Schiff zu verlassen? Auch hier wieder die Frage: Was ist nun konsequent?

Und „Otto Normalbürger“ und der zurzeit diskutierte „Atomausstieg“? Eine ganze Menge Menschen sind dafür, Atomkraftwerke durch „alternative Energiequellen“ zu ersetzen, und das möglichst schnell, ohne Hin und Her und ganz konsequent. Weit weniger konsequent ist man jedoch, wenn es darum geht, wo der entsprechende Atommüll entgelagert und wo Windkraftanlagen und neue Stromtrassen hingesetzt werden sollen: irgendwo hin, nur bitte nicht in der unmittelbaren eigenen Nähe. Wie konsequent ist das?

Und die Einführung des gleichfalls zurzeit diskutierten „E 10“-Kraftstoffes? In der Sorge um den eigenen Wagen wird dieses Gemisch vom deutschen Autofahrer konsequent verweigert, der jedoch keine Veranlassung sieht, sich genau so um seinen eigenen Körper zu sorgen, indem er FastFood und industrielle Lebensmittel in ebensolcher Konsequenz ablehnen würde. Wie konsequent ist das?

Es hat sich in den Köpfen festgesetzt, dass Konsequenz irgend so etwas ist wie Beharrlichkeit, Unbeirrbarkeit, Geradlinigkeit, und damit etwas Gutes. Tatsächlich jedoch ist Konsequenz dem Duden nach „folgerichtiges Handeln“, also reine Logik, pure Rationalität, auf dem qualitativen Niveau eines Rechenschiebers, ein Handeln mit Kalkül, berechnend und von anderen berechenbar – was nur vergleichsweise wenige Menschen tatsächlich als etwas Positives betrachten werden.

Inkonsequenz ist entsprechend ein „Mangel an Folgerichtigkeit“, als ob es sich dabei um ein Defizit handeln würde, als sei ein Denken und Handeln jenseits von Logik, Rationalität und berechnendem Kalkül eine problematische Schwäche, weil einem damit jeder moderne Toaster überlegen wäre, der ganz konsequent das tut, was er bitteschön tun soll.

Und mit dieser Kenntnis können wir nun noch einmal hinterfragen, wie konsequent u.a. Politiker, Manager und Otto Normalbürger denken und handeln und was man da eigentlich tatsächlich üblicherweise erwartet.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen