Dienstag, 26. Juli 2011

eigenmächtig entregelt.

 
Es gibt Regeln, die etwas regeln sollen. Zum Beispiel das gemeinschaftliche Zusammenleben. Die Natur von Regeln ist der Gebotscharakter, sind also in der Regel weder Vorschriften noch Verbote, so etwa Benimmregeln, Grammatikregeln, Kleidungsregeln, Spielregeln, Ernährungsregeln, und so weiter.

Dass das Ganze funktionieren kann, ist vor allem von der Einsicht der Beteiligten abhängig. Nämlich, dass es einen tieferen Sinn hat, sich an gewisse Regeln zu halten. Deshalb gibt es den kurzgefassten Verhaltenscodex „Das macht man nicht“, zum Beispiel, sich an einer Gruppe von Menschen, die eine Warteschlange bilden, vorbei- und dadurch an eine vordere Position zu mogeln. „Die Freiheit ist immer nur die Freiheit des Andersdenkenden“, sagte Rosa Luxemburg. „Was Du nicht willst, das man Dir tu’, das füg’ auch keinem andern zu“, sagt der Volksmund.

Auch hier scheint jedoch eine Ausnahme die Regel zu bestätigen, nämlich die Verkehrsregeln, die phänomenalerweise hauptsächlich eben nicht aus Regeln, sondern aus Verordnungen, Vorschriften und Verboten bestehen. Fünfzig Stundenkilometer innerorts, einhundert auf der Bundesstraße… es wird allgemein fröhlich darauf gepfiffen, wer sich tatsächlich daran hält, wird zu einem ärgerlichen Verkehrshindernis.
Auf Menschen, die begründet vorsichtig fahren, Senioren, Fahranfänger, Porzellantransporteure kann leider keine Rücksicht genommen werden. Man hat es nun einmal eilig. Und das hat es scheinbar mindestens jeder Zweite, wahrscheinlich um nach Arbeitsende rechtzeitig zur Quizshow auf der Couch zu sitzen.

Hier werden Regeln verletzt. Eigenmächtig, aus Eigennutz. Um selbst allenfalls zwei Minuten früher an sein Ziel zu gelangen wird hingenommen, dass Mitmenschen, Senioren, Fahranfänger an der nächsten Parkbucht eine halbe Stunde Pause machen müssen, weil sie vor Angst und Schreck zittern.

Dieselben Menschen, die aus Eigennutz, auf Kosten anderer eigenmächtig Regeln verletzen, schimpfen auf Manager und Politiker, die sich achso unmoralisch, eigennützig, auf Kosten anderer Vorteile verschaffen. Und alle zusammen beklagen den Werteverfall in unserer Gesellschaft.
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