Donnerstag, 16. Juni 2011

seitlich unterstellt.

Mit der Sprache lässt sich einiges anstellen. Man kann eine Information so oder auch anders darstellen, die eine Seite der Information betonen und die andere Seite elegant unter den Tisch fallen lassen, je nach dem, wie es gerade für irgendeinen Zweck gebraucht wird. Vielen Menschen geht das durch die Lappen, weil sie anderweitig stark beschäftigt sind. Doch manchmal sollte man sich einfach die Zeit nehmen und die Mühe machen. Oder einen solchen Blogeintrag lesen.

Da wäre zum einen die kürzliche Information, dass mehr als 100.000 Selbstständige Sozialleistungen („HartzIV“) beziehen. Ergänzt wurde diese Nachricht mit dem scheinbar unverzichtbaren Hinweis, dass „Experten in den Jobcentern“ (was immer das für Experten sein sollen) vor einem „Missbrauch des Sozialstaats“ warnen, schließlich könnten Selbstständige „ihr Einkommen so herunterrechnen“, dass sie zwar „auf dem Papier Anspruch“ hätten, tatsächlich jedoch gar nicht auf das Geld angewiesen seien.

Man hätte bei der Gelegenheit natürlich auch erwähnen können, dass vor nicht allzu langer Zeit auf Seiten der Politik sehr angestrengt jede Menge heruntergerechnet wurde, um bloß den „HartzIV“-Regelsatz nicht erhöhen zu müssen. Und man hätte genau so erwähnen können, dass Langzeitarbeitslose von Jobcentern in fragwürdige Selbstständigkeiten gedrängt werden, damit man sie aus der Arbeitslosenliste streichen kann. Hat man aber nicht. Und so einseitig informiert ist das, was wieder einmal übrig bleibt, die leichtfertige Unterstellung, der Sozialstaat würde missbraucht, diesmal nicht von Westerwelle, sondern von Experten.

Eine andere kürzliche Information betraf „die deutschen Arbeitnehmer“, die sich im Jahr 2010 so oft krankschreiben ließen, wie lange nicht mehr, mit einer ärztlich verordneten Fehlzeit von 8,1 Tagen pro Arbeitnehmer, rein statistisch, versteht sich. Und auch hier werden irgendwelche (diesmal: „Arbeitsmarkt“-) Experten zitiert, die das auf die „gute Konjuktur“ und die „gefühlte Arbeitsplatzsicherheit“ zurückführen, während die Arbeitnehmer in Zeiten schlechter Konjunktur aus Sorge um ihren Arbeitsplatz lieber den Gang zum Arzt vermeiden würden.

Man hätte bei der Gelegenheit natürlich auch erwähnen können, wie oft Letzteres wohl in den vergangenen Jahren tatsächlich passiert ist, wie oft sich Arbeitnehmer kränklich zur Arbeit ge- und dadurch ihr Leiden verschleppt haben, und kurz vor dem endgültigen Kollaps dann doch zum Arzt gingen. Hat man aber nicht. Und so legt die einseitige Information auch hier eine Unterstellung nahe: das von Experten gemalte Bild nicht von Menschen, die arbeiten, bis sie umfallen, sondern gern mal einen Tag „blau machen“.
Ganz so, wie es eben nützlich ist und gebraucht wird. Von irgendwem. Für irgendetwas.

Mittwoch, 1. Juni 2011

geregelter Kaufrausch.



Seit nun schon längerer Zeit denke und arbeite ich an einem Wertewandel bzw. an verschiedenen Ansätzen, um diesen längst überfälligen Wertewandel nicht nur als schönere Zukunft irgendwie irgendwann haben zu wollen, sondern klar umrissen, im wörtlichen Sinne be(-)greifbar und umsetzbar zu machen. Dabei fallen einem Sachen in die Hände und kommen einem Sachen vor das Auge, die mitunter erstaunlich sind.

Ich möchte den geneigten Leser in Zukunft über diesen „NotizBlog“ auch etwas mehr an meinem Wirken an einem Wertewandel teilhaben lassen. Wie Sie vielleicht bereits bemerkt haben, habe ich den Untertitel kürzlich entsprechend geändert: „Im Namen des Menschen“. Denn genau so ist es: Die Menschheit ist dabei, in ihrem Namen, für ihre kurzsichtigen Zwecke den Planeten zu zerstören. Doch es hätte zweifellos einige Vorteile, das – im Namen des Menschen – zu verhindern, in einer gewissen Verantwortung für nächste Generationen, Natur und Mitgeschöpfe.

Was mir nun also kürzlich vor das Auge kam, waren mehrere Regeln für die optimale Konsumgesellschaft, quasi von der Erziehung des Menschen vom unschuldigen Kind zum „Profi-Verbraucher“ und „Konsumenten aus Leidenschaft“. Als da wären:

1. Die „Du brauchst mehr als nur einen Schlips“-Methode (Anm.: Man könnte hier den Zweitwagen als Beispiel anführen, der jedoch heute dermaßen selbstverständlich ist, dass er sich kaum eignet, Nachdenklichkeit zu bewirken. Anders vielleicht das vermeintlich zwingend notwendige „Zweit“- oder gar „Dritt-Handy“)

2. Das „Wegwerf-Prinzip“ (Anm.: Wie wir wissen… neu kaufen ist billiger als reparieren lassen, wobei sich das meiste heute noch nicht einmal mehr überhaupt reparieren lässt und der Gedanke daran fast schon nostalgisch anmutet)

3. Das „Prinzip des permanenten technischen Fortschritts“ (Anm.: Was man auch kauft, es wird in einem Jahr etwas Besseres auf dem Markt sein, das vielleicht nicht schöner und nicht praktischer ist, doch wer kann es sich schon leisten, nicht auf dem neuesten Stand zu sein)

4. Der „Trick der vorgeplanten Ablaufzeit“ (Anm.: Technische Geräte werden ab Werk so produziert, dass sie nach einer vorgeplanten Lebensdauer auf den Tag genau dasselbe aushauchen, nach Regel Nummer 2 irreparabel, bitte neu kaufen, nach Regel Nummer 3 dann bitte auch das Neueste)

5. Die „Taktik des Modellwechsels“ (Anm.: Für das alte Gerätemodell gibt es leider keine Orginalersatzteile mehr zu kaufen, für veraltete Software wird jede Hilfeleistung des Herstellers ersatzlos gestrichen und das vor 1 1/2 Jahren gekaufte Auto hat einen immensen Wertverlust, weil es inzwischen das „alte Modell“ ist)

6. Das „System der Verkomplizierung“ (Anm.: Es wird absichtlich kompliziert produziert, sodass man irgend etwas zusätzliches kaufen und/oder eine kostspielige Telefon-Hotline anrufen muss, um damit annähernd klar zu kommen)

7. Die „Sie brauchen kein Geld“-Methode (Anm.: Bestens bekannt durch „Null-Prozent-Finanzierung“ und „Heute-kaufen-in-einem-Jahr-zahlen“-Aktionen)

8. Das „Verkaufe an Kinder, wenn die Alten genug haben“-Prinzip (Anm.: Was gibt es heute noch, das nicht auch ganz speziell „für Kids“ zu haben ist?)

Dieses „Regelwerk“ mag so noch nicht wirkllich überraschen. Deutlich überraschender wird es allerdings bei der Kenntnis, dass es im Jahr 1960(!) aufgestellt wurde, Autor bis heute unbekannt.

Ich möchte ganz persönlich noch als neunte Regel hinzufügen: „Mache irgend etwas zum Problem, das bisher noch nie ein Problem gewesen ist, um dafür die passende Lösung anzubieten“; und als zehnte: „Trichtere den Menschen ein, dass genau an der Stelle, wo sie mit einer diesen Regeln nicht mithalten können, die soziale Ausgrenzung und/oder Armut beginnt“.