Freitag, 21. Dezember 2012

Alle Jahre wider-sinnig



Weihnachtszeit. Die Zeit der Ruhe und Besinnlichkeit und des Friedens. Sogar im Zweiten Weltkrieg sollen Frontsoldaten am Heiligabend befehlswidrig das Schießen eingestellt haben. Im Kampf um Einschaltquoten herrscht unter Fernsehsendern dagegen alljährlich eine andere Auffassung. 

An den Weihnachtsfeiertagen des letzten Jahres sah das so aus: „Scream 2“ (Horrorschocker), „High Lane“ (Horrorthriller), „P2 - Schreie im Parkhaus“ (Horrorthriller), „Sleepy Hollow“ (Horrormärchen), „Stirb langsam“ (Actionthriller) und „Lara Croft“ (Actionabenteuer).
Doch schließlich siegt für gewöhnlich in Hollywood am Ende immer das Gute, und so lässt sich das wohl auch für das Weihnachtsprogramm rechtfertigen. Vielleicht ist das auch nur einfach typisch für eine Zeit der Friedenstruppen und Präventionskriege, in der für den Frieden erst einmal ein ordentlicher Krieg angezettelt werden muss.

Ähnlich mit der zu Weihnachten proklamierten Ruhe. Wobei die Hektik inzwischen schon Ende August ausgelöst wird, wenn es die ersten weihnachtlich verpackten Lebkuchen, Marzipankugeln und Kalender für das folgende Jahr zu kaufen gibt, bis ab 15. Dezember Luftschlangen, Konfetti und Ausstattungen zum Bleigießen in Verkaufsregalen auf das nahende Silvester aufmerksam machen, und pünktlich an Heiligabend so gut wie keine weihnachtlichen Süßwaren mehr erhältlich sind, dafür ersatzweise Unmengen an Kartoffelchips, scheinbar das Hauptnahrungsmittel zum Jahreswechsel.
Und kaum, dass das neue Jahr begonnen hat, wird man uns auf Karneval, den Valentinstag, Ostern und den Muttertag hinweisen. Ein Event jagt das nächste. Eine andere Bedeutung scheint das Ganze nicht mehr zu haben.

Dienstag, 11. Dezember 2012

Ausgedrückte Nachrichten


Wenn man sich für die Sprache interessiert, für Begriffsverständnisse, Fehl- und Missverständnisse, für Verständigung und Kommunikation ganz allgemein, dann kann man kaum etwas hören oder lesen, ohne nicht u.a. auf Satzbau, Wortwahl und Formulierung zu achten. Vollautomatisch. Zwangsläufig. Es gilt: „Wer einen Hammer hat, sieht überall Nägel“.

Besonders interessant wird es dabei, wenn es sich etwa a) um Nachrichten in Radio oder Fernsehen handelt, die sich eigentlich der Neutralität verpflichtet sehen sollten, oder um b) Ausstrahlungen von öffentlich-rechtlichen Sendern, die (auch) einen deklarierten Bildungsauftrag haben, beziehungsweise c) beides in ihrer tückischen Kombination.

Jedes Jahr auf’s Neue im Dezember wird uns etwa über die Medien verkündet, wie zufrieden oder unzufrieden angeblich der Einzelhandel mit dem Weihnachtsgeschäft ist. Und jedes Jahr auf’s Neue darf man sich fragen: Warum sollen wir das eigentlich wissen? Worin genau liegt der Nachrichtenwert, dass der Bürger über das Weihnachtsgeschäft des Einzelhandels informiert sein müsste?

Ebenso gewöhnlich alljährlich erfolgt sodann am zweiten Weihnachtsfeiertag die nachrichtliche Information, dass der Einzelhandel noch einmal einen „Ansturm von Kunden“ erwartet, die Geschenke umtauschen oder Gutscheine einlösen wollen. Gut zu wissen. Es wäre ein Anlass zu extremer Besorgnis, sollte zum Jahresende jemals diese Information ausbleiben.

Nicht weniger fragwürdig, wenn in den Nachrichten verkündet wird, dass sich die Deutsche Bahn AG für den Winterreiseverkehr gut vorbereitet sieht. Aha. Wie überraschend. Aber auch hier: was soll das? Soll uns das etwa nachdenklich darüber machen, dass die Lufthansa nichts dergleichen über die Medien verlauten lässt?

Und wie war das mit der regionalen Meldung über einen Hausbrand, bei dem der Hausbesitzer um sein Leben kam: „Spekulationen, dass es sich um Selbstmord handeln könnte, wollte die Kriminalpolizei nicht bestätigen“. Sieh an. Die Kriminalpolizei will Spekulationen nicht bestätigen. Das ist aber schade. Selbst wenn: warum wird in journalistisch-neutralen Nachrichten vermeldet, warum also sollen wir wissen, dass irgendwelche Gerüchte kursieren?

So gesehen hat es auch sein Gutes, wenn der Otto Normalbürger sich angeblich schon nach zehn Minuten maximal nur noch an die Hälfte der Meldungen einer Nachrichtensendung erinnern kann.