Freitag, 9. Mai 2014

unendlich theoretisch

Eine ganz erhebliche Menge Unfug wird verbreitet, weil sich Wissenschaften als Wissenschaften bezeichnen, die mit Wissenschaft herzlich wenig zu tun haben. Dass das für den Laien kaum zu durchschauen ist, gehört zu diesem Zirkus mit dazu. Und auch ein paar von den „richtigen“ Wissenschaften leben eher von Glaubens- als Beweiskraft. Zum Beispiel die Sternengucker.

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Planeten, ferne Galaxien und Schwarze Löcher, Raumsonden, irgendwann Siedlungen auf dem Mars, eventuelle außerirdische Lebensformen, theoretisch mögliche Zeitreisen… was hat diese Gesamtthematik nicht alles Aufregendes zu bieten. Das Ganze ist perfekt geeignet, um die Marke „Wissenschaft“ zu verkaufen.

Die Astronomie quasi stellvertretend für das, was Wissenschaft und Wissenschaftler ganz generell an atemberaubenden Erkenntnissen und Fortschritten zu liefern imstande sind. Da senkt man gern ehrfurchtsvoll das Haupt und glaubt auch sonst alles, was „wissenschaftlich erwiesen“ ist; oder widerlegt, je nach dem – bis hin zu Zahnbürsten und Faltencremes, die in Werbespots von Statisten in weißen Kitteln inmitten von Labor-Kulissen angepriesen werden

Aber zurück in die unendlichen Weiten des Universums, die laut Astronomen gar nicht unendlich sind, sondern im Gegenteil. Dass es nämlich auf unserem Planeten überhaupt nachts dunkel ist, das liegt nicht etwa an der Erdrotation und nächtlich abwesender Sonneneinstrahlung, sondern ist vielmehr der Beweis dafür, dass das Universum endlich sein muss. Sagen Wissenschaftler.

Wenn man will, gelangt man thematisch damit gleich zum „Urknall“, quasi dem Anfang von allem, und wohl auch des wissenschaftlichen Glaubens daran. Wie man uns erklärt, ist dieser Urknall eine enorm verzwickte Angelegenheit. Außer für den Physik-Nobelpreisträger Robert B. Laughlin, der das in einem einzigen Satz allgemeinverständlich erläutern kann: „Die Urknalltheorie ist nichts weiter als Marketing für die Wissenschaft“.

Ansonsten stellt sich üblicherweise die müßige Frage, was denn eigentlich „vorher“ war; vor dem Urknall(?). Da helfen dann auch Rechenkünste und Computersimulationen nicht mehr weiter, sondern muss – wissenschaftlich – spekuliert werden.

Jedenfalls hätte den Urknall ohnehin niemand beobachten können, auch wenn gerade irgendjemand zufällig in der Nähe gewesen wäre, denn vor dem Urknall gab es schließlich noch kein Licht. Es gab auch keinen Raum, weder ein „Innen“, noch ein „Außen“; wo hätte sich da ein Beobachter aufhalten sollen? Und es gab auch noch keine Zeit, kein „vorher“ und kein „nachher“, womit sich prompt auch die Frage erledigt, was „vor“ dem Urknall war. Wie praktisch.

Wer sich als Laie für besonders clever hält, fragt an dieser Stelle vielleicht: Wenn zum Zeitpunkt des Urknalls also noch kein Raum existierte, wohin ist er dann eigentlich explodiert, der Knall? Denn schließlich: „explosio“ ist lateinisch und bedeutet „herausklatschen“. Wo heraus und wo hin denn, so ganz ohne Raum?

Doch von wegen. Wissenschaft ist eben auch über Cleverness weit erhaben. Explodiert ist eben nichts in einem Raum, sondern explodiert ist erst einmal die Zeit. Und die hat den Raum gleich mitgenommen. Denn schließlich: Nach Einstein sind Zeit und Raum untrennbar. Wenigstens an dieser Stelle hat man Newton überwunden; wahrscheinlich aus Praktikabilitätsgründen.

Und wie so oft kann man (muss man nicht, aber kann man) die Frage stellen: Was soll das alles eigentlich? Diese Urknalltheorie über den Anfang von allem gehört außer zur Schulbildung auch zur Allgemeinbildung eines zivilisierten Mitteleuropäers. Aber: Warum? Wozu brauchen wir das im Kopf?

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