Dienstag, 19. Januar 2016

informativ desinformiert

Die digitale Vollvernetzung unseres Lebens hat sicherlich ein paar Vorteile. Die meisten davon wurden und werden uns jedoch nur als solche verkauft. Zu den Verkaufsmethoden gehört es mit dazu, uns dafür blind zu machen. Doch wo der Großteil blind ist, hilft es nur wenig, über Licht und Schatten zu reden. 

Kürzlich las ich in einem Werbetext für eine Armbanduhr: „…zeigt auch Ihre verpassten Anrufe an“. Ist das zu fassen. Toll. Es scheint unausweichlich. Irgendwann wird man in seinen vollvernetzten Eierkocher sprechen. Und die Gäste, die man zum Brunch eingeladen hat, werden das nicht einmal für absurd halten.

Man hat uns den digitalen Informationskram dermaßen aufgeschwatzt, dass kein Mensch mehr fragt, was das überhaupt soll. Schon alleine diese Frage stößt verbreitet auf Unverständnis. Es wird nur noch informiert und kommuniziert – komplett sinnlos, aber auf höchstem technischen Niveau .Und nur ein paar wenige Konzerne liefern die Bastelvorlagen für unser Weltbild.

Kaum eine Website, die nicht vom Betreiber „für Google optimiert“ wäre, um „bei Google ganz oben zu stehen“. Websites werden längst nicht mehr für die Nutzer gestaltet, sondern – erst einmal – für „Google“, weil „Google“ das so haben möchte, um mehr Werbung zu verkaufen – nämlich genau den Betreibern, die in diesem Zirkus den Clown spielen dürfen.

„Google“ bestimmt so die Regeln, wie eine Website standardmäßig auszusehen hat (also was uns allen vor die Augen kommt – und: was nicht), was auf welche Weise „gesendet“ und „empfangen“ wird. Auch „YouTube“ gehört zu „Google“ mit dazu, und bemüht sich mit „Google+“ krampfhaft, „Facebook“ Konkurrenz zu machen, „Twitter“ hat nicht einmal eine erkennbare.

Und: Alle machen überall mit! Sämtliche Konzerne, sämtliche Marken, sämtliche Radio- und Fernsehsender, jede Radio- und TV-Sendung, Verlage, Verbände, Vereine, Parteien, Politiker, Prominente sowieso, öffentliche Institutionen, Ministerien und die Bundesregierung inklusive… „Facebook“, „YouTube“, „Twitter“… man „muss dabei sein“.

Überall und bei jedem herrscht so ein Zwang zum Senden. Das Senden, um des bloßen Sendens Willen, nicht etwa, weil man tatsächlich etwas mitzuteilen hätte. Das Mitgeteilte, das Informieren und Informiertsein spielen allenfalls eine Nebenrolle, aber hartnäckig wird von „Kommunikation“ geschwafelt.
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Kommunikation um des bloßen Kommunizierens Willen. Andererseits: Man geht schließlich auch Schwimmen und Joggen… nicht, um irgendwohin zu kommen, sondern um des Schwimmens und Joggens Willen. Also… was will man hier schon kritisieren. Nicht wahr.

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