Im Idealfall
hat eine Diskussion oder ein Text einen thematischen Aufhänger; also irgendeinen
Punkt, an dem das Ganze thematisch aufgehangen wird. Manchmal wird dabei auch
leicht geschummelt, wenn der Aufhänger nur eine Lockfunktion hat. Und manchmal
kann das erheblich zynisch werden.
Es ist
hilfreich, wenn man weiß, wovon man redet. Beim Thema „Terrorismus“ ist das
allerdings eher selten der Fall. Das ist einerseits eine Frage der Definition
und Interpretation, andererseits ist es mitunter pure zynische Absicht. Mit
gezielter Unklarheit lassen sich Menschen sehr gut verunsichern.
Exemplarisch
begutachtet werden konnte das nun wieder bei dem Terroranschlag von London, der
medial nicht durchgehend ein Terroranschlag war, sondern oder auch ein
„Attentat“, ein „Anschlag“ (ohne „Terror“-) oder ein „Angriff“ oder
„Terror-Akt“. Nur eines ist ebenso durchgehend völlig ausgeschlossen: ein
Amoklauf.
Der
Unterschied ist mindestens schon einmal, dass der proklamierte „Kampf gegen den
Terror“ bei Amokläufen nicht zieht. Amokläufer laufen eben Amok, sie schnappen
über und drehen durch – wofür es etliche psychische Gründe geben kann, nur keinen
religiösen und keinen ideologischen.
Deshalb
spricht weder medial noch politisch jemand von einem Amoklauf. Dieser Aufhänger
wäre einfach ungeeignet. Medien brauchen das Terrorgetöse für Auflagen und
Einschaltquoten. Die Politik braucht es, um den gesellschaftlichen Widerstand
zu reduzieren, etwa wenn es um neue Überwachungsmaßnahmen geht.
Und dazu sprach der Bürgermeister von London, Sadiq Khan: „Our response to this attack on our
city, this attack on our way of life, this attack on our shared values, shows
the world what it means to be a Londoner.” Also „ein Angriff auf unseren Lebensstil
und unsere Werte” Das würde bei einem Amoklauf etwas seltsam klingen. Das
klingt nur bei einem Terroranschlag richtig großartig.
Und so
plappern es Menschen ziemlich gedankenlos nach. Unter dem Eindruck eines
solchen Bedrohungsszenarios stellt niemand mehr die Frage, ob an unserem
Lebensstil und unseren Werten vielleicht tatsächlich einiges haken könnte… ob
das wirklich so toll ist, den Klimawandel mitzuverursachen, die Regenwälder
abzuholzen, unser Konsumzeugs in „Billiglohnländern“ fertigen zu lassen, jedes
Jahr Millionen von Schweinen und Rindern im Akkord am Fließband abzuschlachten,
usw, usw.
Und dann sind
da noch unsere Werte, die wir verteidigen wollen. Wie hieß es im „heute
journal“ des ZDF: „Der IS schafft es, auf die Frustrationen der materiellen
Welt mit Idealen und Träumen zu reagieren” Und was ist mit den Idealen und
Träumen des Kapitalismus, die Familie mit zwei Kindern, Häuschen mit Garten und
Hund?
Wie jeder
Ökonom bestätigen wird, ist unsere Ideologie die Anhäufung materieller Werte,
unsere Religion ist der Glaube an das Geld. Und wer meint, dass im Gegensatz zum
radikalen Islamismus durch den Kapitalismus wenigstens keine Menschen getötet
werden, der muss schon maximal verblendet (worden) sein.
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