Freitag, 30. September 2011

trotzig abgelehnt.



Unser vierjähriger Sohn befindet sich momentan in einer so genannten „Trotzphase“. Auf elterliche Wünsche und erzieherische Anordnungen reagiert er mit einem trotzigen „Nein“, ansonsten mit einem trotzigen „Doch“. Es könnte sein, dass er damit schon jetzt alle Voraussetzungen mitbringt, um irgendwann als Abgeordneter im Bundestag zu sitzen.

Wie andere Eltern wissen werden, kostet die Trotzphase des Nachwuchses einige Nerven. Es hindert unseren Jungen allerdings auch an persönlichen Bildungsfortschritten, gerade jetzt, wo er beginnt, sich für die englische Sprache zu interessieren. Schließlich wird die Zahl Neunundsechzig, im Englischen Sixty-Nine, sprich: „siksti-nein“, schnell missverständlich, wenn sie in ein trotziges „siksti-doch“ gewandelt wird.

So ungefähr wirkt auch das politische Tohuwabohu um den Papstbesuch auf mich. Ich muss zugeben, durch einen privaten Umzug und anschließendem Erholungskurzurlaub (siehe Eintragspausen im „NotizBlog“ und bei „Facebook“) nicht allzuviel davon mitbekommen zu haben. Ich wollte mich nicht wesentlich intensiver mit der Schicksalsfrage befassen, ob der Papst nun im Reichstag reden sollte oder besser nicht, ob er als Oberhaupt einer Religionsgemeinschaft dort nicht zu sprechen hat, oder als Staatschef des Vatikan vielleicht doch, oder beides in Verbindung nur dann, wenn er umweltfreundlich mit der Bahn durch Deutschland reist und auf den Flieger verzichtet hätte.

Jedenfalls kündigten rund einhundert Abgeordnete an, der Papstrede aus Protest fernbleiben zu wollen. Dummerweise wurde der Effekt dadurch abgefedert, dass die leeren Sitzplätze clever mit Putzfrauen, Handwerkern und Sicherheitsbeamten aufgefüllt wurden, die man wahrscheinlich vorher schnell noch in einem Crashkurs unterrichtete, wie man auf einem Abgeordnetenplatz zu sitzen und zu gucken hat.

Den Vogel in diesem Kindergarten abgeschossen hat jedoch der „Grüne“ Hans-Christian Ströbele. Ihm muss vor allem eine Frage den Schlaf geraubt haben: Wie lässt sich ein medienwirksamer Effekt erhaschen, wenn man nur einer von vielen ist, die die Papstrede boykottieren? – und kam auf die Idee, den Plenarsaal erst dann empört zu verlassen, wenn der Papst mitten in seiner Rede steckt. Ein grandioser Einfall. Jedenfalls: auf diesem Niveau.

Genau der Hans-Christian Ströbele, der ein/zwei Tage vor dem Papstbesuch meinte, dass das Oberhaupt einer Religionsgemeinschaft in einem politischen Parlament nichts zu suchen habe, schließlich ginge es hier um die strikte Trennung von Staat und Kirche; für den Dalai Lama könne man dagegen eine Ausnahme machen. Aha. Warum, das müsste Ströbele noch erklärend hinzufügen.

Und dann fehlen da noch die Erklärungen, warum man – bei der strikten Trennung von Staat und Kirche – eigentlich zum Rathaus gehen muss, um (mit Personalausweis und gegen Gebühr) aus der Kirche auszutreten, ohne jemals eingetreten zu sein, und ansonsten der staatliche Steuerbescheid auch eine Kirchensteuer beinhaltet, sowie warum – bei der strikten Trennung von Staat und Kirche – im April eine staatliche „Ethikkommission“ zum geplanten Atomausstieg eingesetzt wurde, in die man auch Kirchenvertreter berufen hat?
Ich schlage vor, dass bis zur Klärung dieser Fragen alle Abgeordneten dem Plenarsaal fernbleiben und die weiteren Regierungsgeschäfte boykottieren.
.