Dienstag, 30. Dezember 2008

Auf geht's in Zwo-Neun.

Noch hat es sich nicht dermaßen verbreitet wie andere Amerikanismen: die Formulierung "in" statt "im Jahr", etwa momentan "Wir wünschen viel Erfolg auch in 2009" oder in diversen Medien die rhetorische Frage "Was ändert sich in 2009?".
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Immerhin: man verzichtet (ebenfalls: noch) nicht auf die beiden Nullen, wie in manchen Intellektuellenkreisen in den letzten Jahren leicht zunehmend: "In Zwo-Neun wird sich manches ändern, manches nicht". Intellektuell ist das tatsächlich, denn schließlich drückt die Null ein "Nichts" aus, kann demnach guten Gewissens weggelassen werden und spart obendrein wertvolle Sekunden ein; man muss eben sparen, wo man kann, gerade in Zwo-Neun, im Angesicht der Wirtschaftskrise, die hier und da auch Finanzkrise genannt wird.
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Wie bei jedem Jahreswechsel lässt es sich kaum jemand entgehen, das ablaufende Jahr Revue passieren zu lassen. Es ist Teil der rituellen Vorbereitung auf die paar Sekunden, in denen die rituellen Sektkorken knallen (obwohl es sicherlich weltweit keinen einzigen Korken gibt, der tatsächlich knallt). Und irgendwie überstrahlt wird Zwo-Acht dann doch von den Präsidentschaftswahlen in den USA - vielmehr von allem, das mit deren Sieger Barack Obama zusammenhängt.
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Oder kürzer und prägnanter mit dem Slogan der Kampagne gesagt: "Yes, we can". Wobei neben der sicherlich rein soziologisch-politisch sehr interessanten Inszenierung des Obama'schen Wahlkampfes noch viel interessanter zu beobachten war, wie Ökonomen, Politologen und Journalisten dessen Wahlsieg kommentierten: "Obama ist kein Messias". Eine zwar wahrheitsgemäße, jedoch ziemlich seltsame Feststellung. Offenbar sind die Experten, die nach ihrer "objektiven" Einschätzung befragt wurden, reihenweise einem ziemlich subjektivem Eindruck erlegen, der aus der Inszenierung zu resultieren scheint. Anders ist die Wortwahl kaum zu erklären, einen Politiker mit einem Messias in Verbindung zu bringen.
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Noch viel interessanter könnte es werden, wenn dieser Wahlkampf diverse Nachahmer findet (was auf Grund des Erfolges durchaus zu erwarten ist). Zumindest das bereitet einige Vorfreude auf das Jahr Zwo-Neun und auf die Kampagnen des Bundestagswahlkampfes: in den Hinterzimmern wird längst ausgelotet, wie sich das "Yes, we can" auf die "deutschen Verhältnisse" übertragen lässt. Besser gesagt: Wie bereit man hierzulande dafür bereits ist. Denn das Hochhalten diverser rot-grüner Pappschilder mit eingängigen Floskeln wie "Go Gerd" und "Mach et, Gerd", das in Neun-Acht erstmals vom damaligen SPD-Kampagnenleiter installiert und noch im selben Wahlkampf ruckzuck von der CDU übernommen wurde, hatte damals kaum jemand überhaupt bemerkt. Im Grunde: bis heute nicht. Ich für meinen Teil habe das jedenfalls bereits voll übernommen: "Wir wollen. Wir können. Wir-kung.", siehe oben. Wobei Sie selbst frei entscheiden können, was Sie unter "-kung" verstehen wollen, womit dieser Spruch dann sogar einen Sinn ergibt.
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War sonst noch etwas? Im Januar sollten noch jugendliche Gewalttäter härter bestraft werden, vor allem solche, die in U-Bahnhöfen auf ihre Mitmenschen einschlagen, im März stellte sich heraus, dass verschiedene Supermarkt- und Kaufhausketten ihre Mitarbeiter "bespitzeln", im April wurde veröffentlicht, dass die Klima-Schutz-Maßnahmen den Klimawandel beschleunigen, im Mai wurde durch den so genannten "Armutsbericht" der Bundesregierung bekannt, dass ein sattes Drittel der Bevölkerung keinerlei Ersparnisse hat und/oder überschuldet ist und/oder das Leben am Rande der Armut oder mittendrin fristet, während im Juni der herrschende Schönheitswahn das Top-Thema neben der Fußball-EM war, und im sommerlöchrigen Juli die Ölpreis-, Benzinpreis-, Strompreis- und Heizkosten-"Explosion" die Schlagzeilen beherrschte, im August hingegen ganz weit weg woanders, nämlich in Südossetien und Abchasien der "Kaukasus"-Konflikt ausbrach, der laut unserem Außenminister "für ganz Europa extrem gefährlich" werden könne, im Oktober jedoch in der Höhe der Gefahrenstufe vom Ausbruch der Finanzkrise noch weit übertroffen wurde, während im November ein erster Hoffnungsschimmer für grundlegend andere Prioritätensetzungen aufkeimte, indem Barack Obama zum künftigen US-Präsidenten gewählt wurde, auch wenn im Dezember trotz aller Krisenbeschwörungen die Weihnachts-"Kauflaune" der Deutschen angeblich ungebrochen war, wenn auch mit dem kleinen Beigeschmack eskalierter Straßenschlachten in Griechenland, einer drohenden militärischen Auseinandersetzung zwischen den Atommächten Pakistan und Indien, sowie einer weiteren in Israel, die dagegen - "bis zum bitteren Ende" - voll im Gange ist.
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Aber... sonst? Sonst jedenfalls wünsche ich den geneigten Lesern einen richtig gut gelungenen Rutsch und Danke für die bisherige Aufmerksamkeit.

Donnerstag, 13. November 2008

zufällige Behandlungsfälle.

( Dieser Blog-Eintrag bezieht sich direkt auf meinen letzten Eintrag vom 17.10. "morbide reformt". Lesen Sie ihn am besten eben kurz noch einmal nach, um den Inhalt aufzufrischen, bevor Sie hier weiterlesen. )

Zufälle gibt es, die glaubt man kaum. Vor nicht ganz einem Monat thematisierte ich hier in meinem NotizBlog den "Gesundheitsfonds", der ab 2009 eingeführt wird, und welche Nebenwirkungen damit verbunden sind. Zum Beispiel, dass die Krankenkassen zurzeit ihre Datenbanken durchforsten, um ihren kerngesunden Versicherten bis Ende dieses Jahres zumindest datentechnisch irgendein - idealerweise chronisches - Leiden in die Krankenakte zu dichten, wofür notfalls so etwas wie "Bluthochdruck" herhalten muss.

Und siehe da: gestern Abend, RTL, "Stern TV". Es wurde u.a. thematisiert: Bluthochdruck. Untertitelt als "verkannte Volkskrankheit" und als "schleichende Gefahr" für Herzinfarkte und Schlaganfälle, unter der angeblich "jeder zweite Erwachsene über 35 Jahre" leidet, und zwar in aller Regel unbewusst und unbemerkt - auf dass der vermeintlich betroffene Fernsehzuschauer am nächsten Tag zu seinem Arzt läuft - die Krankenkassen freuen sich, siehe oben.

Damit nicht genug: Es referiert niemand geringerer als der zum Thema eingeladene Professor Dietrich Grönemeyer, der dem Ganzen (siehe oben) mehrfach Nachdruck verleiht. So solle sich bitteschön niemand mit dem schlichten Blutdruckmessen in der Apotheke um die Ecke zufrieden geben, sondern in jedem Fall und unbedingt zum Arzt gehen - die Krankenkassen freuen sich erneut, siehe oben.
Und mehr noch: Es solle auch kein Betroffener die verschriebenen, blutdrucksenkenden Tabletten nach eigenen Gutdünken wieder absetzen, nur weil er sich eventuell inzwischen besser fühlt, sondern müsse die Medikation in jedem Fall und unbedingt mindestens 2 bis 3 Jahre lang durchhalten - womit das Kriterium "chronisch" erfüllt wäre und sich die Krankenkassen ein weiteres Mal freuen, siehe oben.

Man könnte fast auf den Gedanken kommen, dieser Teil der gestrigen Ausgabe von "Stern TV" sei - gerade noch rechtzeitg vor dem Jahresende und der Einführung des Gesundheitsfonds - von den Krankenkassen gesponsort worden. Aber so weit natürlich nur "fast". Der geneigte Leser möge und wir sich seine eigene Meinung bilden.
Der passende Link dazu: >> Bluthochdruck: Die schleichende Gefahr


Freitag, 17. Oktober 2008

morbide reformt.

Ihre Krankenkasse dürfte mit einiger Sicherheit momentan schwer beschäftigt sein. Und zwar nämlich mit dem Durchstöbern ihrer Datenbanken, auf der Suche nach Versicherten, die zurzeit gesund sind. Denn das ist ab kommendem Jahr gar nicht gut - für die jeweilige Krankenkasse. Deshalb wurden Teams eingesetzt, die Versicherte aufspüren sollen, die sich nicht in Behandlung befinden, weder eine akute noch eine chronische Krankheit aufweisen. Mit dem Ziel, diesen laut Datensatz scheinbar gesunden Menschen dennoch irgendwie irgendeine gesundheitliche Einschränkung zu bescheinigen, zumindest eben datentechnisch, und wenigstens so etwas wie "Bluthochdruck", wenn anhand Ihrer Krankheitsgeschichte sonst nichts in Frage kommt. Das passiert zurzeit. Hinter Ihrem Rücken. Ohne, dass Sie danach gefragt werden.

Das wird getan, weil ab dem 01.01.2009 Ihr monatlicher Beitrag, den Sie an Ihre Krankenversicherung zahlen, nicht mehr direkt an Ihre Krankenkasse geht, sondern in einem "Gesundheitsfonds" landet. Den Krankenkassen werden aus diesem Fonds nur noch anteilig Summen ausbezahlt, und zwar eben ausgerichtet an der Menge ihrer Versicherten, die tatsächlich Behandlungskosten verursachen - der so genannte "morbi-RSA", der "morbiditätsbezogene Risikostruktur-Ausgleich" im Rahmen der Gesundheitsreform.

Kurz gesagt: Krankenversicherungen bekommen ab 2009 keinen einzigen Cent für gesunde Versicherte, nur noch für kranke. Und dafür wird zurzeit gesorgt. Also: vor-gesorgt in den EDV-Abteilungen der Krankenversicherungen. Damit pünktlich ab Neujahr möglichst viele Kranke in den Datenbanken auftauchen.

Und auch in Zukunft: Von Seiten der Krankenkassen wird den Ärzten genau deshalb nahegelegt, ab 2009 dafür zu sorgen, dass erkrankte Menschen möglichst lange krank bleiben, zumindest "nicht so schnell gesund werden", sondern ihnen idealerweise eine chronische Krankheit bescheinigt wird, die eine dauerhafte Behandlung "erfordert".

Das nur informationshalber für Sie, falls Sie sich wundern, wenn Sie ab demnächst wegen eines "Bluthochdrucks" behandelt werden, von dem Sie bisher noch nichts wussten, und dafür statt einer simplen Pille eine monatelange Behandlung verschrieben bekommen. Anders gesagt: Bitte werden Sie und bleiben Sie krank, Ihrer Krankenversicherung zuliebe, Ihrem Arzt zuliebe.

Mittwoch, 10. September 2008

Nanu? Sie sind noch da?

Bei der Europäischen Organisation für Kernforschung ("CERN") in Genf in der Schweiz ist heute der leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger, der "Large Hadron Collider" ("LHC") angeworfen worden, um das - wie es heißt - "größte Experiment der Menschheitsgeschichte", auf der - wie es heißt - "Suche nach dem Gottesteilchen" zu beginnen.
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Der "LHC" ist ein 27 Kilometer langer Ringtunnel, durch den Protonen mit 99,9999991 Prozent der Lichtgeschwindigkeit rasen sollen, die pro Sekunde mehr als 11.000 Runden durch den Tunnel drehen. Das Ganze soll fundamentale Erkenntnisse ermöglichen - Antworten auf Fragen zum "Urknall", zur "Dunklen Energie" und auf die Theorie, woher Materie eigentlich ihre Masse hat. Quasi eben: Der Antwort auf die Frage aller Fragen, der Existenzfrage, dem "Gottesteilchen" ein Stückchen näher kommen.
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Für eine echte Gefahr hält das der Tübinger Chaosforscher und Biochemiker Otto Rössler, der bei diesem Experiment "unkontrollierte Reaktionen" für möglich hält, die "bis zu einem Weltuntergang führen könnten". Angesichts dessen, dass Sie gerade diesen Blog-Eintrag lesen und offenbar noch da sind, scheint das gerade noch einmal verhindert worden zu sein.
So meinte denn auch einer der Befürworter dieses Experimentes, der Astrophysiker Hubert Reeves aus Montreal, es gäbe dabei "kein Risiko" und alle Bedenken seien "hochspekulativ". Reeves sagte jedoch nicht, wie hochspekulativ eigentlich das alles ist, worauf dieses Experiment basiert und wie hochspekulativ das alles ist, was man mit den Versuchsergebnissen erklären wird.
Durchaus interessant nämlich, wenn eine ebensolche Hochspekulation offenbar immerhin ausreicht, um die Kosten von zwei Milliarden(!) Euro für den Bau dieses "LHC" Teilchenbeschleuniger zu rechtfertigen, ein Hinweis auf Gefahren dagegen als "hochspekulativ" abgetan wird.
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Jedenfalls werden die Erkenntnisse des Experimentes atemberaubend und von epochaler Bedeutung sein. So viel ist sicher. Warten Sie auf die Pressekonferenz. Denn eines wird mit derselben Sicherheit nicht passieren: dass die Forscher ihr Zwei-Milliarden-Euro-Projekt als nutz- und sinnlosen Fehlschlag bezeichnen werden. Eher im Gegenteil: man wird Erkenntnisse gewinnen, die ein neues, dann etwa fünf Milliarden Euro teures Experiment unbedingt erforderlich machen.

Mittwoch, 27. August 2008

periodische Zufälle.

Als ob wir alle nicht Angst genug hätten: Die Rohöl-Reserven neigen sich dem Ende zu, entsprechend explodieren Spritpreise und Heizkosten, der "Klimawandel" bedroht uns unausweichlich mit Wirbelstürmen, Überschwemmungen und mit Hitzewellen oder wahlweise auch Eiszeiten, Osama Bin Laden ist noch immer auf freiem Fuß, die Wirtschaft geht wieder den Bach runter, die Armut greift um sich und in nicht allzu ferner Zukunft wird Trinkwasser zum Luxusgut, um das Kriege geführt werden.
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Apropos "Krieg": Kannten Sie vor ein paar Wochen eigentlich Südossetien und Abchasien? Eher nicht? Dann wissen Sie inzwischen zumindest über die ungefähre geographische Lage Bescheid. Und über den so genannten "Kaukasus-Konflikt" zwischen Russland und Georgien, der - laut niemand geringerem als Außenminister Steinmeier - "unabsehbare Folgen für die Sicherheit aller Europäer" haben könnte. Siehe oben: Als ob wir alle nicht schon Angst genug hätten.
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Ganz sicher aus purem Zufall übrigens keimt diese nagelneue, völlig unerwartete Bedrohung recht kurz vor den Präsidentschaftswahlen in den USA auf - ganz ähnlich übrigens, wie kurz vor der letzten Präsidentschaftswahl in den USA ebenso völlig unerwartet eine bedrohliche "Videobotschaft" von Osama Bin Laden auftauchte. So, wie das "damals" dem republikanischen Kandidaten George W. Bush einige, womöglich entscheidende Wählerstimmen bescherte, dürfte diesmal wohl auch der aktuelle republikanische Kandidat John McCain von diesem kaukasischen Zufall profitieren. Warten wir es ab. Dann hätte er aber mächtig Glück gehabt. Während zu unser aller Glück wiederum in spätestens drei Monaten im Kaukasus wieder Ruhe eingekehrt sein wird. Rein zufällig.
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"huch".

Ein "Huch" ist eine mögliche Reaktion, wenn jemand etwas entdeckt. Und zu entdecken gibt es laut herkömmlicher Werbung so einiges. Ich fand das heraus, als ich mir kürzlich in voller masochistischer Absicht einen TV-Werbeblock angesehen habe, was ich ansonsten durchgehend vermeide, damit mein Kopfschütteln über Werbesprüche nicht noch chronisch wird.
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Innerhalb dieses gerade einmal vier-/fünfminütigen Werbeblocks war also irgendeine "...Genesis"-Hautcreme zu "entdecken", es waren bei einem Möbelhaus "Möglichkeiten zu entdecken", es war ein spezieller Kleinwagen und kurz darauf anschließend gleich eine ganze Automarke zu "entdecken". Mein Gott, wie aufregend und spannend die Konsumwelt doch ist.
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Apropos "(Konsum-)Welt": Ein bekannter Kaffeeröster bietet jede Woche eine neue Welt, jedes zweite Kaufhaus preist seine "Einkaufswelt" an, innerhalb der sogar noch irgendwelche subversive Unterwelten zu existieren scheinen ("Sportwelt", "Bücherwelt", etc), dazu "Möbel-" und "Erlebniswelten", und in allen diesen "Welten" gibt es allerhand zu "entdecken".
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Ich frage mich, warum das nicht längst auch anderswo übernommen wurde. Angesichts dramatischer "PISA"-Katastrophen würde es auf die Kids womöglich echt krass wirken, wenn die Schule keine schnöde Schule, sondern eine abgefahrene "Bildungswelt" wäre, in der es Intelligenz zu "entdecken" gäbe, mit dem Bereich zwischen Lehrerpult und Tafel zur "Eventfläche" deklariert und die Benotungen in Form des inzwischen hip und trendy aufgestylten "Eurovision Song Contest" aufgepeppt: "Kevin... 12 points, Alexandra... 6 points".
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An dieser Stelle muss ich den Beitrag schließen. Ich habe noch allerhand zu tun, um meine "Beratungswelt" neu zu creieren.
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Montag, 25. August 2008

richtungweisend beauftragt.

Kürzlich musste ich miterleben, wie das laufende Radioprogramm plötzlich für eine Mitteilung unterbrochen wurde: "Achtung! Ein Falschfahrer auf der Bundesstraße XY! Ich wiederhole: Auf der Bundesstraße XY kommt Ihnen ein Geisterfahrer entgegen". Falschfahrer. Geisterfahrer. Ob das eigentlich politisch korrekt ist? Ich meine: Heute, im Jahr 2008? Wo es doch für jeden Politiker längst zum Automatismus geworden ist, beide Geschlechter anzusprechen: "Liebe Wählerinnen und Wähler, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Betroffinnen und Betroffene, liebe Arbeitslosinnen und Arbeitslose".
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Ich schrieb daraufhin eine kurze eMail an den verantwortlichen Radiosender (übrigens: den angeblich größten und erfolgreichsten Radiosender des betreffenden Bundeslandes), warum bitte ausschließlich vor männlichen Falsch- und Geisterfahrern gewarnt werden würde(?). Ich als Mann würde mich dadurch diskriminiert fühlen und bitte um eine zukünftig veränderte Formulierung.
Heute Morgen rief mich die Redaktion des Senders an. Man teilte mir mit, dass für einen dringenden Warnhinweis, der beide Geschlechter einbezieht, jeweils keine Zeit sei, es käme schließlich auf jede Sekunde an, bis eine solche Meldung ausgesprochen sei, könne womöglich schon ein Unfall passiert sein. Aha.
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Da werde ich mich wohl nun an den Gleichstellungsbeauftragten wenden müssen. Obwohl... wie ich gerade sehe... den gibt es nicht. Es gibt nur weibliche Gleichstellungsbeauftragte, die mitunter auch "Frauenbeauftragte" genannt werden, siehe >> www.frauenbeauftragte.de. Aha.
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Donnerstag, 14. August 2008

leicht verschwommen.

Mir ist nicht bekannt, aus welchem Grund vorgestern Spätabend im TV-Programm erstaunlich viele Beiträge über den "Klimawandel", über Erderwärmung und Treibhauseffekt liefen. Womöglich war vorgestern der "Internationale Tag des Klimawandels" oder etwas in der Art.
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Auf "Phoenix" jedenfalls war eine enorm ausgiebige Dokumentation ("Rückkehr der Sintflut") zu sehen, deren zwei Teile in direkter Abfolge nacheinander gesendet wurden. Eine Dokumentation, sehr raffiniert mit spielfilmähnlichen Szenen angereichert, die die Stadt Köln im Jahr 2035 zeigen sollten. Zum Zweck der Veranschaulichung, welche Folgen der "Klimawandel" hierzulande, quasi "vor unserer Haustür" haben wird, wenn etwa Köln dreimal öfter von Hochwasser heimgesucht werden wird als heute - inklusive der Überflutung von am Rhein gelegenen Chemie-Anlagen mit der Verseuchung von Rhein- und Trinkwasser, dem dazugehörigen Ausbruch von Seuchen und dem Zusammenbruch der Trinkwasserversorgung. Dramatisch, dramatisch. Also ganz so, wie das übliche Szenario des "Klimawandels" gemalt wird.
Das Ganze dazu noch angereichert mit Szenen aus Bangladesh, wo bereits heute die Zeitabstände zwischen großen Sturmfluten immer kürzer werden und nicht mehr alle fünf bis zehn, sondern inzwischen alle drei Jahre stattfinden, bei denen sehr viele Menschen jedesmal ihr gesamtes Hab und Gut verlieren.
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Bei solchen Szenen kann man Angst bekommen. Und genau darauf lief es in "Rückkehr der Sintflut" auch hinaus, der Titel inklusive. Hoffnungsschimmer? Fehlanzeige. Lässt sich etwas dagegen tun? Nur wenig bis gar nichts. So wird es also zwangsläufig und unausweichlich im Großraum Bangladesh demnächst Millionen so genannter "Klimaflüchtlinge" geben, eine Art "Völkerwanderung" in sichere Gebiete, vielleicht Richtung Asien, vielleicht sogar in Richtung Europa. Und hierzulande, etwa in Köln? Köln wird zum Großteil unter Wasser stehen, Hunderttausende Menschen werden Opfer des Wassers. Zwangsläufig. Unausweichlich.
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Das kann man so erst einmal auf sich wirken lassen. Und sich anschließend zur >> Website über das "Freedom Ship" klicken: Das in Bau befindliche größte Schiff der Welt, eine Kleinstadt auf dem Wasser, etwa einen Kilometer lang, mit Platz für 50.000 bis 80.000 Menschen. Nicht, dass Sie etwa meinen, das wäre ein Konzept, um bedrohten Menschen neuen Lebensraum auf den Meeren zu ermöglichen. Es wird eine Art "Arche Noah für Gut-Betuchte" mit sehr, sehr teuren Eigentumswohnungen, wird ausschließlich in internationalen Gewässern schwimmen, und somit jeder staatlichen Kontrolle und jeder staatlichen (vor allem: Steuer-)Gesetzgebung sehr elegant ausweichen. Als nettem Nebeneffekt entkommt man auf dem "Freedom Ship" natürlich auch dem bedrohlichen Anstieg des Meeresspiegels. Wenn man es sich leisten kann.
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Mittwoch, 13. August 2008

digitale Ver(w)irrung.

Eine Dokumentation gestern Abend im Ersten Fernsehprogramm: "Spielen, spielen, spielen... wenn der Computer süchtig macht". Auszug aus der offiziellen Inhaltsbeschreibung: "Über ein Jahr lang hat das Autorenteam Marc-Oliver und seine Familie begleitet - ein Jahr im Leben eines Spielsüchtigen", eine Dokumentation über "die Auswirkungen der Computerspielsucht sowie die Hilflosigkeit der Eltern", die sich "diesem neuen Krankheitsbild auch aus Sicht von Neurologen und Psychiatern" nähert. Dem ausgewählten Themenaspekt (nämlich eben dem Suchtaspekt) entsprechend ging diese Dokumentation am eigentlichen Kern der Sache vorbei.
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Ähnliches gilt für die vom Autorenteam ausgewählten betroffenen Eltern, die über ihre ganze Hiflosigkeit berichten durften. Denn: Wenn man schon von der Annahme ausgeht, dass Computerspiele süchtig machen, dann ist es eine ziemlich naive Reaktion von Eltern, ihren Kindern (u.a. mit dem Entzug von Taschengeld) zu drohen. Und noch naiver, sich darüber zu wundern, wenn die von den eigenen Eltern bedrohten Kinder ihre Sachen packen und auf Nimmerwiedersehen irgendwohin verschwinden, wo sie nicht bedroht, sondern verstanden werden. Eltern, die ihre computerspielsüchtigen Kinder verstehen oder das zumindest versuchen, tauchten in der Dokumentation dagegen nicht auf. Das so dargestellte Bild der Folgen war entsprechend verzerrt. Vielleicht sollte das Autorenteam gleich eine weitere Dokumentation über die Konfliktfähigkeit von Eltern gegenüber ihren Kindern drehen.
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Denn: zu verstehen gibt bei dieser Thematik bedeutend mehr, als von einer Sucht und einem Krankheitsbild zu sprechen, bei dem unterschwellig mitschwingt, man müsse in erster Linie mit medizinischen, klinischen, pharmazeutischen, (psycho-)therapeutischen Maßnahmen eingreifen, um eine "Fehlfunktion im Kopf" des Betroffenen zu beheben.
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Was es tatsächlich und noch viel mehr zu verstehen gibt, hat zum Beispiel damit zu tun, wenn gemeint wird, die Betroffenen würden sich "lieber in der virtuellen als in der realen Welt" aufhalten. Man könnte und sollte langsam verstehen, dass das Virtuelle ein Teil der realen Welt ist und kein psychologischer Effekt bewusstsein-erweiternden Drogenkonsums. Das eigentliche (Verständnis-)Problem resultiert genau daraus: zwischen "virtueller" und "realer" Welt fein säuberlich zu trennen.
So meinte kürzlich der auf das Internet spezialisierte Medienphilosoph David Weinberger: "Der Wandel (Anm.: durch das Internet) ist nicht nur für unsere Institutionen fundamental, sondern auch dafür, wie wir über uns selbst nachdenken - und darüber, was unsere Welt eigentlich ist. Eine grundlegende Herausforderung für unsere Vorstellung von Wissen, unsere Vorstellung von Gemeinschaft, vom Menschsein. Es dauert ein bisschen, sich damit auseinanderzusetzen".
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In der Tat: es dauert ein bisschen. Es wäre durchaus sinnvoll, sich diese Zeit für ein paar tiefere Gedanken darüber zu nehmen statt "das Virtuelle" kurzerhand in irgendwelche Sucht- und Krankheits-Kategorien zu (ver-)stecken. Im Falle der Fernsehdokumentation hat offenbar ein ganzes Jahr nicht ausgereicht, das die Autoren damit verbrachten, Betroffene und deren Eltern zu begleiten.
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Montag, 11. August 2008

Meinungs-Bastelstunde.

Einer heutigen Meldung zufolge hält - einer "Emnid"-Umfrage im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung zufolge - (fast) die Hälfte der Deutschen das hierzulande herrschende Schulsystem für ungerecht. Wie Sie wissen, stehe ich Umfrage-Ergebnissen etwas kritisch gegenüber. In diesem Fall etwa könnte man, müsste man und sollte man sich beispielsweise - bevor man sich auf das angebliche Umfrage-Resultat stürzt - mit der Frage beschäftigen, was eigentlich genau "gerecht" und "ungerecht" sein soll und ob man die Befragten vorab auch dazu befragte.
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Jedoch: das wird wohl kaum der Fall gewesen sein. Die Befragten wurden befragt, ob sie das deutsche Schulsystem für gerecht halten, ja oder nein. Die einzelnen subjektiven Einschätzungen dessen, was überhaupt gerecht ist bzw. sein könnte, interessieren nicht; das sieht ohnehin jeder anders; wie sollte man das auch in eine Prozentzahl packen; da beschränken wir uns lieber auf das übersichtliche schwarz und weiß. Eben.
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Interessant wird es nämlich hierbei auch, wenn sich im Rahmen dieser Umfrage angeblich herausgestellt hat, dass "fast 90 der Befragten fordern, Kinder aus sozial schwachen Familien stärker individuell zu fördern". Natürlich.
Man stelle sich die passende Fragestellung vor: "Sind Sie der Meinung, Kinder aus sozial schwachen Familien sollten stärker individuell gefördert werden?". Welcher Befragte offenbart dabei schon seine kompletten Vorurteile gegenüber "sozial Schwachen" und will dazu noch als kinderfeindlich dastehen? Eben.
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Auch hier: man wird die Befragten wohl kaum gefragt haben, was sie sich unter "sozial schwachen Familien" überhaupt vorstellen und was das sein soll. Man käme dabei nämlich sehr schnell zu der Einsicht, dass diese so genannten "sozial Schwachen" grundsätzlich ghettoisiert leben müssen, aus "Hartz-IV"-Kostengründen vom Sozialamt in Stadtteile verbannt, wo es von so genannten "sozial Schwachen" nur so wimmelt. Jeder, der in einem solchen Stadtteil lebt, ist von vornherein mit dem Makel eines "sozial Schwachen" belegt. Und das gilt erst recht für Jugendliche, die auf ihre Bewerbung schließlich ihre Anschrift notieren und vom Personalbüro gleich bei der ersten Durchsicht aussortiert werden.
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Und dann hilft es rein gar nichts, wenn "Kinder aus sozial schwachen Familien stärker individuell gefördert" werden. Und dann ist nicht nur dieses Umfrage-Ergebnis völlig irrelevant, sondern schon die Fragestellung zeugt von der kompletten Ahnungslosigkeit renommierter Meinungsforscher. Aber wer will sich all diese Gedanken schon machen? Hauptsache, diese Umfrage wird nun in den Polit-Talkshows thematisiert und daraufhin etwas unternommen. Selbst wenn es noch so weit am eigentlichen Problem vorbeigeht.
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Donnerstag, 31. Juli 2008

Wenn Rauchen Lärm verursacht.

Das Bundesverfassungsgericht hat also gestern entschieden, dass die zu Beginn dieses Jahres inkraft getretenen "Nichtraucherschutz"-Regelungen neu geregelt werden müssen. Bis Ende 2009 soll das passieren und so lange regelt eine Übergangsregelung, wie gesundheitsschädlich das Rauchen übergangsweise und vorübergehend ist.
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So lange können sich einräumige Kneipen mit weniger als 75qm als Raucher-Zuflucht deklarieren, vorausgesetzt Jugendliche unter 18 Jahren bleiben draußen und es wird kein selbst zubereitetes Essen angeboten. Mir ist allerdings nicht bekannt, ob im Rahmen dieser Neuregelung auch der Marmorkuchen geregelt ist, den nicht der Kneipenbesitzer selbst zubereitet hat, sondern seine Tante Berta.
Ähnliches ist übrigens auch für Discotheken neugeregelt, in denen nun geraucht werden darf, sofern u.a. ein exklusiver Raucher-Raum existiert, in dem sich jedoch keine Tanzfläche befinden darf. Wer also raucht, darf nicht tanzen. Und wer tanzen will, darf das nicht inmitten von Rauchern. Der Sinn dieser Verordnung müsste mir noch erklärt werden.
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Nicht weniger interessant ist auch, wie eine theoretische Lösung zu Folge-Problemen in der Praxis führen kann. Nämlich dort, wo Raucher bisher das Lokal verlassen mussten, um sich draußen auf dem Gehweg ihre Zigarette anzuzünden, wurden zwar Nichtraucher vor Rauch geschützt, doch es führte zur Lärmbelästigung der Anwohner. Ein Problem, das offenbar im Gesetzentwurf niemand vorhergesehen hatte. Andernfalls wäre wohl auch das sicherlich im Versammlungsrecht geregelt worden, sodass sich etwa vor Lokalen maximal fünf Raucher aufhalten dürfen. Obwohl in diesem Fall zur Diskussion stehen würde, ob sich Nichtraucher in unbeschränkter Anzahl vor einem Lokal versammeln dürfen - weil sie nicht rauchen.
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Dienstag, 15. Juli 2008

klarer Fall von Denkste.

Einer heutigen Meldung zufolge haben Wissenschaftler, die keine sind, wieder einmal einen Beweis erbracht, der keiner ist: In einer Versuchsreihe haben die Psychologen Lisa Feigenson und Justin Halberda von der Johns-Hopkins-University in Baltimore verschiedenen (u.a. übrigens gerade einmal 14 Monate alten) Kindern 4 Spielzeuge vorgesetzt und dabei hin und wieder eines der Spielzeuge versteckt. Aus der Zeit, die die Kinder damit verbrachten, nach dem fehlenden Spielzeug zu suchen, schlossen die Psychologen, ob sich die Kinder an alle 4 Spielzeuge erinnern konnten bzw. bemerkten, dass eines fehlt. In jedem Fall: Die Psychologen scheinen Spaß gehabt zu haben.
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Durchgeführt wurde diese Versuchsreihe, um herauszufinden, wie viele Elemente erwachsene Menschen im Kurzzeitgedächtnis behalten können (laut herrschender Expertenmeinung: angeblich weniger als 10) und warum überhaupt.
Laut der beiden Psychologen lässt sich diese Anzahl jedoch steigern, wenn (z.B.) Buchstaben in einen Bedeutungszusammenhang gebracht werden, wie - laut der Psychologen - etwa die Buchstabenreihe PBSBBCCNN leichter merkbar wird, teilt man sie in die Blöcke PBS, BBC und CNN ein, was dem Bedeutungszusammenhang mit drei Fernsehsendern entspricht. Trickig, trickig, und eine nahezu atemberaubende Erkenntnis, die man seit einigen Jahrzehnten "Eselsbrücke" nennt.
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Es kommt noch besser: Die Versuchsreihe mit Kleinkindern (also: das Erkennen und Vergleichen unterschiedlicher Spielzeuge) hat angeblich "klar bewiesen", dass das Gruppieren ähnlicher Gegenstände kein erlernter Prozess sei, sondern "eine grundlegende Eigenschaft des menschlichen Gedächtnisses". Ein hochinteressanter "klarer Beweis". Nicht nur, aber vor allem deshalb, weil schon alleine das Sehen ein Lernprozess ist, und somit erst recht das Erkennen und Vergleichen, und somit erst recht das Gruppieren von Gegenständen, und erst recht das Zuweisen von bestimmten Bedeutungen, und somit erst recht das Herstellen von Bedeutungszusammenhängen.

Freitag, 11. Juli 2008

unter Strom.

Und wieder einmal geht es in meinem NotizBlog - wenn auch eher indirekt und mittelbar - über eine Talkshow. Diesmal: Maybrit Illners im ZDF, gestern Abend, Thema "Gefährlich, aber billig: Ist Atomstrom doch die Lösung?". Fünf Fachleute und Experten, die über den Ausstieg oder Nun-doch-lieber-nicht-Ausstieg aus der Stromproduktion durch Kernspaltung in Kernreaktoren diskutieren und ihre Standpunkte austauschen. Nun... warum auch nicht.
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Wie immer in solchen Fällen, werden manche Fragen nicht gestellt und dem entsprechend auch nicht beantwortet. Denken wir einmal zurück zu den Anfängen des elektrischen Lichts, so war es sicherlich ausgesprochen praktisch, auch bei natürlicher Dämmerung und mitten in der Nacht ein gutes Buch zu lesen oder Skat zu spielen, wenn einem danach war. Heute dagegen wird vor allem in den Zentren der Großstädte die Nacht zum Tag gemacht, und zwar vornehmlich zur Beleuchtung von Werbeflächen aller Art (während Ampeln übrigens ganz gern nachts abgeschaltet werden): Etwas, das als so genannte "Lichtverschmutzung" nicht nur auf Mensch und Tier schädigend wirkt, sondern einen enormen, völlig unnötigen Stromverbrauch mit entsprechenden Folgen nach sich zieht, jedoch... nicht diskutiert wird.
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Andererseits hat das selbstverständlich auch seine gute Seite: Kraftwerke müssen ausgelastet sein, damit sie sich rentieren und Arbeitsplätze sichern. Dafür muss man schon einmal das eine oder andere in Kauf nehmen.
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Donnerstag, 3. Juli 2008

gut geölt.

Gestern Abend war es wieder einmal so weit: "Hart aber fair" im Ersten Fernsehprogramm. Ich kann mir nicht helfen, doch es scheint mir, als würde die Qualität dieser Talksendung zunehmend leiden, seit dem sie aus den Dritten Programmen ins Erste gehieft wurde. Wie auch immer: Das Thema der gestrigen Ausgabe lautete ""Tanken, heizen, fliegen: Kostet uns der Ölpreis den Wohlstand?". Allein bei diesem Titel fiel mir auf Anhieb ein Satz aus einem Loriot-Sketch ein: "Da geht ja schon die Frage am Thema vorbei".
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Bezeichnend für die eklatante Themenverfehlung u.a. eine Frage, die Moderator Frank Plasberg in die Diskussion warf (sinngemäß): "Jemand, der sich ein Dieselauto gekauft hat, trotz des höheren Anschaffungspreises und trotz höherer Kfz-Steuer gegenüber eines Benziners, weil Dieselkraftstoff bisher immer preiswerter war als ein Liter Super... bei wem soll der sich nun beschweren? Bei der Regierung, den Mineralölkonzernen oder den Scheichs?".
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Man möge sich diese Frage mitsamt ihrer Relevanz auf der Zunge zergehen lassen bei der Aussicht, dass spätestens (also: spätestens) im Jahr 2050 der letzte Tropfen Erdöl aus dem Boden geholt sein wird. Dann ist Ende. Kein Öl mehr. Finito. Die letzten paar Liter dürften dann etwa den Wert eines Eisenbahnwaggons voll Gold haben. Und den entsprechenden Preis.
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Man möge sich bewusst machen, welche enormen Veränderungen das bis (spätestens) in gerade einmal 40 Jahren bewirken wird. Und zwar nicht "nur" anhand dessen, mit welcher Art von Fahrzeug der "Kleine Mann" in Zukunft zum Supermarkt fahren wird. Sondern vielleicht auch anhand dessen, dass chemische Produkte zu etwa 90% aus Erdöl und Erdgas gewonnen werden, betrifft damit die zukünftige Herstellung von Arzneimitteln, Lackfarben, Waschmittel, Plastik. Beispielsweise.

Dienstag, 10. Juni 2008

verballackt.

Die Überschrift "verballackt" ist aus mehrfacher Hinsicht interessant: Eigentlich bezieht sie sich auf den Kapitän der deutschen Fußballnationalmannschaft, Michael Ballack, beinhaltet allerdings gleichzeitig mit dem Wortbeginn "verbal...", worum es mir bei diesem Blog-Eintrag geht: Fußballer in Interviews und Pressekonferenzen.
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Fußballer sind keine Rhetoriker, sondern in erster Linie Fußballer. Und das führt manchmal zu wirklich schönen Stilblüten. Wie etwa kurz vor Beginn der aktuellen Europameisterschaft, als Michael Ballack zu einer "Hetzkampagne" in polnischen Boulevardzeitungen meinte: "Wir lassen uns davon in keiner Weise beeinflussen. Im Gegenteil!". Einfach herrlich.
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Nach dem Sieg der Portugiesen in deren Auftaktspiel gegen die Türkei wiederum rechnete der Trainer Portugals, Felipe Scolari, etwas sehr trickig folgendes vor: "Ein Sieg im ersten Spiel ist besonders wichtig. Bei 3 Gruppenspielen zählt normalerweise jedes Ergebnis zu 30%. Da man aber zum Weiterkommen in die nächste Runde praktisch 2 Siege braucht und wir heute gewonnen haben, zählt dieser Sieg zu 50%".
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Fortsetzung folgt. Gegebenenfalls.

Donnerstag, 5. Juni 2008

schön(-)geredet.

Es ist doch immer wieder interessant, wenn versucht wird, gesellschaftliche und kulturelle Problematiken als isoliertes Einzelproblem auszudiskutieren. So, wie gestern Abend zum Beispiel im Ersten Fernsehprogramm, "Hart aber fair", Thema: "Die Topmodel-Gesellschaft - wie krank macht uns der Schönheitswahn?".
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Nun gut. Wie ohnehin jeder weiß, sind es nicht reine Äußerlichkeiten, sondern es sind die "inneren Werte" das, was wirklich zählt. Wahrscheinlich wegen eben dieser Selbstverständlichkeit gibt es auch nur solche Sendungen wie "Germany's Next Top Model" und keine "Deutschlands nächster Dichter und Denker".
Es könnte allerdings auch daran liegen, dass die lukrative so genannte "Zielgruppe" der 14- bis 25-jährigen weniger mittels "innerer Werte", mit Dichterei und Denkertum, sondern vielmehr mittels Äußerlichkeiten wie Baseballmützen, Schlabberjeans und dem neuesten Handymodell so etwas wie eine psychologische Gruppenzugehörigkeit signalisieren will.
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Der plakatierte "Schönheitswahn" ist daher nur ein Bruchteil des eigentlichen Kernproblems. Ein Bruchteil, den man für diese Folge von "Hart aber fair" ausgesucht und zum Thema gemacht hat. Das hat immerhin den Vorteil, sich in den nächsten Folgen mit weiteren Bruchteilen beschäftigen zu können. Etwa damit, dass junge Menschen, die figürlich nicht mithalten können, sich ersatzweise bei Dieter Bohlen und "Deutschland sucht den Superstar" präsentieren und/oder sich die Teilnahme an einem "Dschungel-Camp" als persönliches Fernziel setzen.
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Ein scheinbarer Konsenz in "Hart aber fair" lief letztlich darauf hinaus, dass doch im Grunde jeder einfach machen soll, was er gern will. Quasi: früher wollten die Jungs allesamt Lokführer werden, und heute eben irgendein "Superstar". Doch das wäre im Grunde gleich die nächste Talkshow-Folge wert: Denn wer oder was sorgt eigentlich dafür, dass junge Menschen A wollen und nicht B? Und könnten da nicht irgendwelche Interessen von irgendwem dahinterstecken, dass junge Menschen etwas Bestimmtes wollen und etwas anderes dagegen nicht wollen? Und inwieweit hat das wiederum mit der "Wissensgesellschaft" zu tun, in der wir angeblich leben, mit "PISA"-Studien und mit der "Bildungsoffensive", die unsere Regierung gestartet hat?
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Oder auch spezifischer: Was wird denn nun gewollt? Wird ein Wirtschaftswachstum und eine Arbeitsplatzsicherung gewollt, zum Beispiel indem Unternehmen ihre Produkte erfolgreich vermarkten, und zwar u.a. über Werbespots in Fernsehsendungen, die für genau die "relevante Zielgruppe" und entsprechender Einschaltquoten überhaupt nur konzipiert werden? Oder wird eine "gebildete Gesellschaft" gewollt, die davon verschont bleibt? Oder gehört das vielmehr zu dem dazu, was unter "Bildung" verstanden wird?

Samstag, 31. Mai 2008

budgetierte Moral.

Neulich beim Surfen stieß ich auf einen Artikel in einem Online-Fachmagazin, das nach eigener Darstellung "neueste Trends und fundierte Hintergrundinformationen" aus dem Bereich des Marketing liefert.
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Einer dieser "neuesten Trends", weil (Zitat) "gut fürs Geschäft" sind demnach Ethik und Moral. Ein gewisser Bernt Schmitt, seines Zeichens Professor an der University of Columbia wird dabei wie folgt zitiert: "Ethik ist, genau wie Umwelt und Wellness, ein wichtiger inhaltlicher Trend im Marketing".
Im Anschluss an dieses Zitat folgt die Fragestellung "Tatsächlich besinnen sich immer mehr Unternehmen auf ihre soziale Verantwortung und lassen Milliarden für die Wohltätigkeit springen. Aber lohnt sich die Investition?".
Anschließend daran wiederum wird eine Studie der "Ivey School of Business" in Western Ontario zitiert, wonach sich irgendwelche Forscher mit dieser Frage beschäftigten und zu dem Ergebnis kamen: "Moral ist gut fürs Geschäft".
Dieser Artikel in diesem Fachmagazin schließt resumierend: "Findige Unternehmen tun also gut daran, sich für ethische Produktionsverfahren einzusetzen".

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Wenn Sie mich dazu befragen: Mir fehlen die Worte. Noch viel schlimmer: Einige werden nicht einmal verstehen, warum mir die Worte fehlen und was dieser Blogeintrag überhaupt nun soll.
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Freitag, 23. Mai 2008

irgendwie ärmlich.

"Lieber reich und gesund als arm und krank". Dem kürzlich von Arbeits- und Sozialminister Scholz veröffentlichten, dritten "Armutsbericht" der Bundesregierung zufolge nähert sich die gesellschaftliche Gesamtentwicklung bedrohlich genau diesem Lebensmotto.
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Demnach liegt die so genannte "Armutsrisikoquote" nunmehr bei 13 Prozent und umfasst Menschen, die in jedem Fall schon einmal weniger als 781 Euro monatlich zur Verfügung haben, deshalb jedoch noch lange "nicht wirklich arm", sondern "irgendwie ärmlich" sind - nämlich eben einem "Armutsrisiko" ausgesetzt sind.
Dabei lohnt es sich durchaus, sich einmal anzusehen, was diese "Armutsrisikoquote" eigentlich genau sein soll: sie umfasst "den Anteil der Personen in Haushalten, deren bedarfsgewichtetes Nettoäquivalenzeinkommen weniger als 60% des Mittelwertes (Median) aller Personen beträgt".
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Wer nun meint, damit sei für ihn alles gesagt, der hat mir etwas voraus. Bei meiner persönlichen Recherche, was ein "bedarfsgewichtetes Nettoäquivalenzeinkommen" sein soll, fand ich die Erklärung, dass hierbei Einkommen "nach Haushaltsgröße und Zusammensetzung gewichtet" werden. Das sei deshalb zweckmäßig, weil in einem 3-Personen-Haushalt beispielsweise der Kühlschrank eben von 3 Personen benutzt wird, und sich somit der Anschaffungspreis und die Betriebskosten des Kühlschranks auf 3 Personen verteilen, was sich in einem Single-Haushalt entsprechend anders verhält. Aha.
Diese Gewichtung erfolgt laut Statistischem Bundesamt folgendermaßen: Der Haupteinkommensbezieher eines Haushalts erhält das Gewicht 1,0, weitere Personen des Haushalts, die älter als 14 Jahre sind, den Gewichtungsfaktor 0,5 und Kinder bis zu 14 Jahren den Faktor 0,3. Warum genau diese und keine andere Gewichtung, das erfährt man nicht, doch es wird sicherlich gute Gründe haben. Theoretische. Statistische.
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Armut ist also eine Frage der Theorie, der Statistik und des jeweiligen Maßstabes. So in etwa, wie beim letzten "Armutsbericht" im Jahr 2005 noch die Summe von 983 Euro als Grenzwert des "Armutsrisikos" gesetzt wurde, während es diesmal eben 781 Euro sind.
Einen ganz anderen Maßstab legen irgendeiner Umfrage zufolge manche Bürger an, wenn es um Armut und Reichtum geht. Demnach fühlen sich angeblich 91% "reich", wenn sie... gesund sind(!). Dumm wird es allerdings natürlich dann, wenn Gesundheit eine Frage des Geldes wird. Siehe oben.
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Montag, 14. April 2008

schlüssige Widersprüche

Und wieder einmal wurde kürzlich zum Thema gemacht: die globale Erwärmung, der Treibhauseffekt, die Klimakatastrophe. Und wieder einmal wurde etwas von Wissenschaftlern sehr "schlüssig belegt". Diesmal, dass der Umweltschutz schuld ist. Genauer: Schwefelarme Kraftstoffe, Rußpartikel- und andere Filter, eingebaut in Kraftfahrzeugen und auf Schornsteinen von Industrieanlagen montiert beispielsweise, kurz: sämtliche Luftreinhaltungsmaßnahmen der letzten Jahrzehnte.
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Laut einem Team von Klimaforschern aus Deutschland, der Schweiz und den USA ist jedoch der Effekt des Ganzen etwas unerfreulich. Durch die inzwischen reinere Luft über Europa gelangt deutlich mehr Sonnenlicht bis auf den Erdboden, das vorher durch so genannte "Aerosole" (Schwebeteilchen in der Atmosphäre) spätestens an der Wolkendecke zurück in den Weltraum reflektiert wurde.
Die Schlüssigkeit wird von den Forschern folgendermaßen dargestellt (wörtlich): "Wir haben weniger Aerosole in der Atmosphäre, mehr Strahlung an der Erdoberfläche und eine übermäßige Zunahme der Temperatur". Prima, dass in der Natur offenbar doch die Logik herrscht. Das macht Erklärungen einfacher - manche sogar überhaupt erst möglich.
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Ich persönlich frage mich allerdings: Wenn doch durch weniger Aerosole mehr Sonnenlicht auf die Erde gelangt, gelangt dann nicht auch mehr Wärmestrahlung als früher von der Erdoberfläche zurück in den Weltraum? Wie wäre dann eine zunehmende Aufheizung zu erklären? Irgendwie schade, dass das in der entsprechenden Medienmeldung nicht erwähnt wird. Verlassen wir uns also darauf, dass der Effekt endlich "schlüssig belegt" ist.
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Doch... war da nicht noch etwas anderes? War da nicht noch der gleichfalls "schlüssig belegte" Effekt des so genannten "Global Dimming", der "globalen Verdunkelung"? Hatte da nicht irgendein Forscherteam das genaue Gegenteil von "mehr Sonnenlicht" nachgewiesen? Nämlich dadurch, dass durch die globale Erwärmung mehr Wasser verdunstet, was zu verstärkter Wolkenbildung führt, was wiederum das Sonnenlicht am Durchdringen hindert, weshalb es auf unserem Planeten zunehmend dunkler wird und somit auch den Treibhauseffekt erfreulicherweise ein wenig abdämpfen würde?
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Vielleicht kann und sollte man sich einfach etwas von dem aussuchen, was "schlüssig belegt" und "nachgewiesen" ist. Je nach Lobby, je nach Bedarf. Man hat es dabei übrigens auch nicht besonders schwer, die jeweils passenden nützlichen "Nachweise" anzufordern: sie stammen beide von der Eidgenössischen Technischen Universität Zürich, der eine u.a. vom Klimatologen Martin Wild, der andere von Dr. Atsumu Ohmura.


frei(-)willig willenlos

Der kritische Leser wird mir auch diesen Beitrag nachsehen müssen. Er hat keine andere Wahl, weil auch ich keine habe. Ich schreibe diesen Beitrag ohne eigenen freien Willen, sondern weil mein Gehirn das so für mich entschieden hat. Quasi: über meinen bewussten Willen hinweg und irgendwie eigenmächtig. Und das im wörtlichen Sinne. Denn wenn "mein Gehirn" irgendetwas entscheidet und "nicht ich", dann hat mein Gehirn offenbar nicht viel mit mir selbst zu tun.
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Ich spreche hier übrigens von einer heutigen Meldung, wonach wieder einmal irgendein Forscherteam ungehindert mit Probanden und einem Kernspintomographen experimentieren durfte, und mit den Versuchsergebnissen angeblich nun nachdrücklich untermauert, was frühere Experimente bereits nahelegten: der Mensch hat keinen freien Willen, sondern "sein Gehirn trifft Entscheidungen". Genauer: Exact 6 Sekunden, bevor ein Mensch glaubt, sich für oder gegen etwas entschieden zu haben, hat das bereits sein Gehirn für ihn erledigt.
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Der Leiter des Forscherteams am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig, John-Dylan Haynes, hält es auf Grund der Versuchsergebnisse "für unplausibel", dass der Mensch mit freiem Willen entscheidet - womit einerseits der Begriff "frei(-)willig" eine ganz neue Bedeutung erhalten würde.
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Andererseits müsste Herr Haynes, wenn er das tatsächlich als wissenschaftliche Theorie verstanden haben möchte, diese seine Theorie - nach Karl R. Popper - zudem auch falsifizieren können. Also: Er müsste ebenso nachweisen können, wie genau sich seine Theorie als falsch erweisen lässt. Er müsste einen Weg zeigen, wie man herausfindet, dass es entgegen seiner Theorie dennoch ein freier Wille ist, mit dem der Mensch entscheidet. Das dürfte schwierig werden. Und schon alleine deshalb haben wir es hier wieder einmal mit sehr dubioser, purer Spekulation zu tun.
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Es geht alllerdings auch noch einfacher: Herr Haynes müsste lediglich erklären können, warum er ganz ohne eigenen freien Willen überhaupt berufsmäßig an Gehirnen herumforscht und warum sein Gehirn nicht etwa entschieden hat, dass er als Fischer durch irgendwelche Fjorde schippert. Mir würde es schon genügen, wenn er mir erklärt, warum mir mein Gehirn "befohlen" hat, diesen Beitrag schreiben, statt im Wald Holzfällen zu gehen. Und sodann müssten sämtliche Straftäter auf der Stelle aus den Gefängnissen entlassen werden, weil es nach Herrn Haynes "nicht plausibel" ist, dass sie für ihre Taten selbst verantwortlich sind.

P.S.: Wer noch etwas weiter lesen möchte... "Gehirnforschung: Dem Gehirn ausgeliefert - willenloser Mensch?"

Freitag, 28. März 2008

zwiespältig betrachtet

So, so. Es wurde also der Handelskonzern "Lidl" dabei erwischt, wie er - jedenfalls: angeblich - seine eigenen Angestellten erwischen wollte, und sie zu diesem Zweck von Detektiven ausspionieren ließ, die zu diesem Zweck wiederum Überwachungskameras montierten, Gespräche in Sozialräumen belauschten und mit Methoden einer früheren Staatssicherheit Protokolle führten.
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In der Tat bestätigte "Lidl" die Existenz solcher Protokolle, die jedoch "nicht der Mitarbeiterüberwachung, sondern der Feststellung eventuellen Fehlverhaltens" dienten - was eine recht interessant präzisierte Stellungnahme ist, die an der allgemeinen Empörung über die "Mitarbeiter-Bespitzelung" jedoch nicht viel änderte, irgendwo zusammengefasst unter der Frage "Sind wir hier bei Scientology?".
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Bei dieser Meldung fiel mir prompt Ursula von der Layen wieder ein, die durchsetzen wollte, Minderjährige als "Testkäufer" in Geschäfte, Gaststätten und Discotheken zu schicken, "um den illegalen Verkauf von Alkohol, Zigaretten und Gewaltvideos effektiver aufdecken und ahnden zu können" (siehe >> meine Notiz am 15.10.2007 "IM Lukas"). Stichwort: "Bespitzelung". Und siehe oben: "Sind wir hier bei Scientology?".
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Was ist eigentlich nun schlimmer? Wenn der Staat solche Methoden für legitim erachtet und auch durchführt. Oder wenn Unternehmen das tun? Man bedenke, dass beide das identische Ziel verfolgen: die "Feststellung eventuellen Fehlverhaltens". Und zwar: ganz ohne Scientology, sondern jeder für sich in "bester Absicht".

Wieder [ WIRKUNG! ] im Internet

Übrigens in eigener Sache: Die Website www.wirkung.biz ist nun wieder aktualisiert im Netz. Natürlich auch zu erreichen über die Linkverweise oben auf dieser Seite.

Dienstag, 19. Februar 2008

gesteuerte Unmoral

Ich habe ein paar Tage mit diesem Eintrag in mein NotizBlog gewartet, bis der eine oder andere geneigte Leser aus Liechtenstein zurück ist und seine Finanzangelegenheiten geregelt hat. Am nun aufgedeckten Steuerskandal zeigt sich zumindest eines: gewalttätige Jugendliche, die kürzlich noch tagtäglich wahllos auf Menschen einprügelten, tun es jetzt offenbar nicht mehr. Wahrscheinlich sind sie mit Zeitunglesen beschäftigt und halten sich über den Steuerskandal auf dem neuesten Stand.
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Nicht minder interessant ist die konsequenterweise neu entfachte und gewohnt populistische Diskussion über die Moral irgendwelcher Manager, die ihre Gehälter und sonstigen Vergütungen nicht ordnungsgemäß versteuern - während der Otto Normalbürger selbstverständlich niemals auch nur auf diese Idee käme. Tatsächlich?
Nach Schätzungen der Universität Leipzig werden jährlich etwa 2,7 Milliarden Euro Steuern von deutschen Autofahrern hinterzogen, und zwar nämlich Mineralölsteuer, Ökosteuer und Mehrwertsteuer, und zwar nämlich durch den so genannten "Tanktourismus": wenn in Grenznähe lebende Otto Normalbürger mal eben im Nachbarland den Benzintank randvoll machen, weil dort der Sprit viel billiger ist. Und sich bei dieser Gelegenheit dort womöglich auch noch gleich mit ein paar Stangen Zigaretten und ein paar Pfund Kaffee eindecken.
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Oder macht das etwa nichts, weil es sich maximal gerade nur um fünf Euro handelt, die der Otto Normalbürger beim Tanken spart? Liegt das noch im moralischen Bereich? Auch wenn durch dieses Verhalten zudem etwa 500 (zumeist: freie) Tankstellen in Grenzregionen vor der Pleite stehen, deren Betreiber und Angestellte sich womöglich demnächst in der Arbeitslosenstatistik wiederfinden und demnächst ihr Leben mit staatlicher Unterstützung finanzieren müssen(?) - letztlich also wiederum finanziert von genau den Otto Normalbürgern, die sich über die hohe Steuerbelastung hierzulande beklagt und im Nachbarland getankt haben. So läuft man genüsslich im Hamsterrad. Mit erhobenem Zeigefinger schimpfend auf die unmoralischen Manager.

Donnerstag, 17. Januar 2008

"connecting people"

Der geneigte Leser, der meinen Kommentar zu den Vorgängen in Bochum erwartet, soll natürlich nicht enttäuscht werden. So wenig, wie das Unternehmen Nokia die Öffentlichkeit enttäuschen möchte, und zu seinem Slogan steht: "connecting people" - "Wir verbinden Menschen". Das kann man wohl sagen. Zurzeit verbindet Nokia Politik, Medien, Mitarbeiter und Kunden offenbar gleichermaßen höchst erfolgreich, indem es ein Werk in Bochum schließen wird und dadurch mindestens 2.300 Menschen ihren Job verlieren.
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Doch: Was wirft man Nokia eigentlich vor? Buchhaltung? Wirtschaftliches Denken? Kostenbewusste Entscheidung? Also: das, was eben nun einmal "Wirtschaft" ist? Der Arbeits- und Sozialminister des Landes NRW, Harald Schartau wirft Nokia "eine ganz Rüde Form von Steinzeitkapitalismus" vor. Und, so Schartau: "So geht das ja nicht mehr". Aha.
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Vielleicht hat Herr Schartau als Sozialminister auch eine ähnlich Meinung dazu, dass Kinder, die in ärmlichen Verhältnissen aufwachsen müssen, von Staatswegen gerade einmal 208 Euro monatlich zugestanden werden. Darin enthalten satte 1,76 Euro für Schulmaterial, für Spielzeug 86 Cent - wohlgemerkt: pro Monat! - sowie maximal 3,42 Euro pro Tag für Lebensmittel. Wie nennt man das? Etwa "eine ganz Rüde Form von Steinzeitkapitalismus"? Oder kann es sein, dass auch der Staat - exact genauso wie Nokia - wirtschaftlich rechnet?

Donnerstag, 10. Januar 2008

gewaltige Meinungsbildung

"Sollen jugendliche Gewalttäter härter bestraft werden?". Das Thema ist noch immer eines. Von all denen, die hierzu etwas zu sagen haben, sagt leider niemand, wo eigentlich die Gewalt genau beginnt, die härter bestraft werden soll. Wie relativ das nämlich ist, war am Mittwochabend im ersten Fernsehprogramm in "Hart aber fair" zu sehen:
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In einem der beliebten "Praxistests" des Investigativjournalismus sollten zwei jugendliche Schauspielschüler mehrmals in verschiedenen U-Bahnen etwas Radau machen. Die Reaktionen der Mitfahrenden wurden mit versteckter Kamera gefilmt. Dieser Radau übrigens bestand darin, dass diese beiden Jugendlichen sich überdurchschnittlich laut unterhalten, über ihr Mobiltelefon etwas lautere Musik abspielen und zwischendurch die Füße auf einem Sitz abstellen.
Wobei nicht geklärt wurde, ob das nun bereits als "Gewalt" verstanden werden soll, die "härter bestraft" werden müsse(?). Jedenfalls lautete ein Begleitkommentar: "Unsere beiden Jugendlichen terrorisieren die Menschen" und "In 8 (Anm.: von 10) Fällen haben die Menschen den Terror kommentarlos über sich ergehen lassen". Demnach war der Radau nicht nur Gewaltausübung, sondern sogar Terror. Es sei denn, man nimmt es nicht so genau, wenn es um Straftaten und Bestrafungen geht.
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Einige der betroffenen Mitfahrenden wurden im Anschluss an den Praxistest persönlich befragt. Zwei ältere Damen etwa mit der Frage "Hatten Sie Angst?". Deren Antwort: "Ein bisschen schon". Gegenfrage: "Warum haben Sie denn nichts gesagt?". Antwort: "Na, warum wohl nicht? Da hätte ich ja auf jeden Fall eine mitgekriegt".
Ein anderer, älterer Mitfahrender wurde gefragt: "Wie war das denn gerade für Sie?". Seine Antwort: "Nicht gerade angenehm. Aber man sagt ja nichts mehr. Man sieht das ja Fernsehen. Und um da nichts auf die Nase zu kriegen, da ist man lieber still".
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Eben: "Man sieht das ja im Fernsehen". Nicht wahr. Zum Beispiel in Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wie "Hart aber fair", die einen Bildungsauftrag haben, und Radau mehrfach als "Terror" bezeichnen. Es lebe die freie, unabhängige Meinungsbildung und der gut informierte Bürger. Mit Ausnahme natürlich der Jugendlichen, die in Zukunft aufpassen müssen, wie laut sie sich unterhalten, um nicht als Terroristen eingesperrt zu werden.

(Aus-)Geliefertes.

Seit dem ersten Tag dieses noch frischen Jahres gilt der Mindestlohn von 9euro80 (pro Stunde übrigens) für Briefzusteller. Was macht nun ein privates Postunternehmen, das seinen Mitarbeitern diesen Mindestlohn nicht zahlen möchte? Es erklärt die Briefzustellung zur "Mehrwertdienstleistung", umgeht dadurch ganz elegant das Mindestlohngesetz und zahlt statt der 9euro80 lediglich 7euro50 (im Westen) bzw. 6euro50 (im Osten).
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So clever ist man beim Lieferservice "TNT" - und deshalb auch bei der "Citypost Bremen", an der "TNT" zu knapp 25% beteiligt ist. Deren Angestellte nämlich bekamen eine "Ergänzung zum Arbeitsvertrag", durch die die bisherigen "Mitarbeiter in der Postzustellung" nun zu "Mitarbeitern im Bereich der Mehrwertdienstleistung" deklariert wurden.
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Ich schätze, die Bezahlung unterhalb des Mindestlohnes geschieht zum Wohle der Mitarbeiter. Erstens, weil nur auf diese Weise ein Unternehmen konkurrenzfähig bleiben und die Arbeitsplätze sichern kann. Und zweitens, weil "TNT" schließlich in Mitarbeiter investiert und dafür das zertifizierte Gütesiegel "Investors in People" bekommen hat, wie auf der "TNT"-Website stolz erklärt wird.
Es liegen mir jedoch noch keine Informationen darüber vor, ob diese Cleverness ein Ergebnis der Kampagne "Deutschland - Land der Ideen" der Bundesregierung ist. Ich bin jedenfalls gespannt, ob die Bundesregierung eine Idee für die Überarbeitung des Gesetzes hat.

Mittwoch, 2. Januar 2008

Ein "Cheese" in die Kamera

Nahezu täglich dürfen wir von neuen "gewalttägigen Übergriffen" in U-Bahnhöfen erfahren: Jugendgruppen, die aus nichtig scheinendem Anlass gnadenlos auf ältere Mitmenschen einschlagen, in einem Fall sogar auf einen Rentner. Was ist da los? Haben sich diese Übergriffe in den letzten Tagen tatsächlich dermaßen bis zur Täglichkeit gehäuft? Oder wird jetzt zur täglichen Meldung gemacht, was vorher als Alltäglichkeit keine Meldung wert war? Oder haben Jugendgruppen verstanden, dass sie auf diese Weise in die Presse kommen?
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Eines jedenfalls ist bemerkenswert ( = wert, bemerkt zu werden): Zumindest die U-Bahn in München, wo sich gleich mehrere solcher Fälle zugetragen haben, ist mittels zahlreicher installierter Kameras in bester "Big Brother"-Manier komplett video-überwacht. Es scheint nicht gerade abschreckend zu wirken. Vielleicht mag sogar das Gegenteil der Fall sein: Wer einmal für zwei Minuten "berühmt" sein und in den Fernseh-Nachrichten auftauchen möchte, kann das eben auch auf diese Weise tun, indem er sich bei Gewaltausübung filmen lässt. Er muss halt dafür sorgen, dass es "brutal genug" ist, um gesendet zu werden.
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Andererseits: Es hat uns natürlich auch niemand versprochen, dass durch flächendeckende Überwachung Gewalttaten verhindert werden. Man hat lediglich in Aussicht gestellt, dass sich diverse Straftaten besser aufklären lassen. Eine erstaunliche Interpretation dessen, was mit dem Slogan "mehr Sicherheit" verkauft wird.