Montag, 21. November 2016

populistisch betroffen

Spätestens seit den allgemein unerwünschten Erfolgen von Donald Trump in den Vereinigten Staaten und der „AfD“ in Deutschland ist der „Populismus“ in aller Munde. Dabei wird dieser Begriff ironischerweise extrem populistisch verwendet,  mitunter gerade von denen, die Nicht-Populisten sein wollen.

Ein Populist ist, wer für sich in Anspruch nimmt, „die Stimme des Volkes“ und „den einfachen Menschen“ zu vertreten, und zwar mit einfachen Worten. Das scheint man nicht zu dürfen. Ansonsten wird es einem vorgeworfen. Jedenfalls in der Politik.

Dumm nur, wenn Politik und einige Politiker letztlich nichts anderes darstellen als das berüchtigte „Spiegelbild der Gesellschaft“. Dann wären gerade die Nicht-Populisten diejenigen, die vom „einfachen Menschen“ am weitesten entfernt sind – und das auch noch toll finden und für richtig halten.

Dabei hat es Populisten schon immer gegeben. Vor ein paar Jahren warnte man etwa vor dem gemeingefährlichen Franz Schönhuber, dem Gründer der „Republikaner“, oder vor einem gewissen Ronald Schill, dem „Sheriff von Hamburg“. So ähnlich wird es auch der „AfD“ und einzelnen Figuren ergehen.

Dass der Populismus momentan Hochkonjunktur hat, ist dabei schlicht und einfach zeitgemäß. Eben in einer Zeit, in der jeder auf „Facebook“ nach „Gefällt-mir“-Klicks geifert, bei „YouTube“ nach Abonnenten und bei „Twitter“ nach „Followern“ jagt, in einer Zeit der unzähligen Casting-Shows.

Erfolg hat, wer sich massenkompatibel inszeniert. Und Erfolg definiert sich über den schnöden Massenzuspruch und die Menge an „Gefällt-mir“-Klicks und „Followern“, von so etwas wie Qualität nicht zu reden. Und da machen auch die Populismuskritiker fleißig mit, um vor Populismus zu warnen.

Mittwoch, 16. November 2016

präsidial geschachert

Frank-Walter Steinmeier wird also neuer Bundespräsident. Das hat die SPD quasi ganz allein so beschlossen. Als wahrer „Coup“ von Sigmar Gabriel und als eher peinliche Niederlage von Angela Merkel wird das betrachtet. In Wirklichkeit ist es ziemlich egal, dafür aber noch viel schlimmer.

Wer sich dafür interessiert, warum so jemand wie Donald Trump tatsächlich zum künftigen US-Präsidenten gewählt werden konnte, und was die deutsche Politik daraus nicht gelernt hat, muss sich nur die vorgeplante Wahl Steinmeiers zum Bundespräsidenten ansehen.

Neben dem mittlerweile üblichem, ärgerlichem Geklüngel und Geschacher um diesen Job hat diese Schote – laut Politik-Experten – mindestens noch zwei weitere tiefere Bedeutungen für die Bundestagswahl im kommenden Jahr 2017.

Erstens: Allem spekulativem Gerede über einen gewissen Martin Schulz zum Trotz wird Sigmar Gabriel der Kanzlerkandidat der SPD. Sagen Politik-Experten. Schulz genießt vielleicht die besseren Umfragewerte. Doch was davon zu halten ist, sah man bei den Prognosedesastern vor dem „Brexit“ und der US-Wahl.

Zweitens: Die „Einigung“ zwischen CDU und SPD auf Steinmeier zeigt, dass man nach der Bundestagswahl die Große Koalition weiterführen möchte. Andernfalls hätte die SPD die Chance genutzt, schon einmal gemeinsam mit „Linken“ und „Grünen“ einen (anderen) Präsidenten-Kandidaten auszuklüngeln. Sagen Politik-Experten.

Wenn die Volksvertreter in Berlin stellvertretend für das Volk jetzt schon einmal ausgeklüngelt haben, nach der Bundestagswahl 2017 gemeinsam die Große Koalition weiterführen zu wollen, und die SPD gar kein Interesse daran hat, Angela Merkel den Posten streitig zu machen, dann heißt das:

Der gesamte Vorlauf, der gesamte „Wahlkampf“, einschließlich eines enorm brisanten TV-Duells zwischen Merkel und (angeblich voraussichtlich) Gabriel wäre eine einzige inszenierte Volksverdummung. Doch vielleicht noch schlimmer: Es würde wohl niemanden mehr wirklich wundern.

Freitag, 11. November 2016

trumpig regiert

Wer hätte das gedacht: Donald Trump wird US-Präsident. Und prompt verbreitet sich wieder allgemeine Angst, gezündelt und befeuert und geschürt von Bedenkenträgern aller Art, die mit ihren Ängsten nicht alleine dastehen wollen.

Der Weltuntergang wird kommen. So oder so. Sei es durch einen Asteroiden, den Klimawandel oder etwas früher und schneller ab Mitte Januar 2017. Nur mit dem Unterschied, dass diese globale Katastrophe optimal vermarktet werden wird und die Lettern „Trump“ darauf prangen. Wer`s glaubt.

Wo ist eigentlich das Problem? Außer natürlich, dass man es an der Person Trump festmacht? Die US-Amerikaner haben quasi „einen Mann aus dem Volk“ gewählt. Sicherlich nicht irgend einen, aber zumindest politisch einen echten Amateur. Doch eben: Wo ist da nun das Problem?

Auf den ersten Blick bietet sich der Vergleich mit Ronald Reagan an, der als Hollywood-Schauspieler im Jahr 1981 zum Amateur-Präsidenten gewählt wurde, die Sowjetunion als „Reich des Bösen“ bezeichnete, und in einem Radio-Interview scherzhaft ankündigte: „In fünf Minuten beginnen wir mit der Bombardierung“.

Doch vielleicht ist ein Lech Walesa viel eher zum Vergleich geeignet. Ein einfacher Arbeiter, ein Elektriker, der Ende der 1980er mit seinem „Bürgerkomitée Solidarność“ ein ganzes realsozialistisches System revolutionierte und anschließend polnischer Präsident wurde.

Ähnliches zeitgleich als einfache Bürgerrechtler, Katja Havemann, Rolf Henrich und Bärbel Bohley, mit dem „Neuen Forum“, sowie u.v.a. mit zwei Theologen, Rainer Eppelmann und Markus Meckel, die DDR kollabieren ließen; letzterer wurde dann sogar Übergangs-DDR-Außenminister.

In diesen Fällen wurden keine Horrorszenarien beschworen, sondern die Welt geriet nahezu in Euphorie. Donald Trump dagegen leidet vor allem an seinem Image und seinem Ego. Doch gerade dieses Ego könnte ihn extrem motivieren, ein „guter Präsident“ werden zu wollen, wie manche es von Reagan sagen.