Samstag, 16. Juni 2018

redselig gesimpelt

Wissenschaftler können uns so ziemlich alles erzählen. Und das tun sie auch. Eigenes Denken ist dabei gar nicht mehr nötig. Es ist allerdings auch nicht erwünscht. Wehe, man stellt infrage, was Wissenschaftler von sich geben. Ein Phänomen zwischen Populismus und Demogredseligogie.

Unsere Kultur ist ganz erstaunlich verblendet wissenschaftshörig. Deshalb gilt es auch als – wortwörtlich – ungehörig, auch nur den Hauch von Skepsis an dem zu äußern, was Wissenschaftler sagen. Das ist leicht paradox, wo doch gerade der Zweifel das Fundament aller Wissenschaft ist.

Dieser Unantastbarkeit liegt eine ganz raffiniert konstruierte Scheinlogik zugrunde: Der Laie hat eben schlicht und keine Ahnung. Und wenn er in all seiner Unwissenheit trotzdem denkt, kommt dabei natürlich zwangsläufig Unsinn heraus – gegenüber Wissenschaftlern, die zweifellos richtig denken. Weil sie Wissenschaftler sind. Punkt.

Eine hochinteressante Rolle spielen dabei immer wieder Astrophysiker. Also Wissenschaftler, die theoretisch am Urknall herumdenken, an Schwarzen Löchern und der mystischen Dunklen Materie. Gerade die nämlich scheinen sich besonders berufen zu fühlen, uns – jenseits ihrer Astrophysik – über alles Mögliche zu belehren.

Einer davon war etwa Stephen Hawking, der noch kurz vor seinem Tod verkündete, Klimawandel, Epidemien und Bevölkerungswachstum könnten der Menschheit in 100 Jahren den Garaus machen. Ein Astrophysiker als Klimaforscher, Mediziner und Soziodemograph in Personalunion. Und so etwas macht niemanden skeptisch.

Ähnliches vollführen auch die beiden deutschen Astrophysiker Ranga Yogeshwar und Harald Lesch, omnipräsent u.a. als TV-Moderatoren, Talkgäste und Vortragsredner, weil scheinbar multikompetent für sämtliche Lebensfragen. Und auch das macht niemanden ansatzweise skeptisch.

Letzterer, Harald Lesch, ist ohne Frage rhetorisch und didaktisch äußerst begabt, bezeichnet sich selbst als „Rampensau“, ist beeindruckend leidenschaftlich engagiert in der Problematik des (nach seiner vollen Überzeugung: zweifellos menschengemachten) Klimawandels. Diese Mischung ist allerdings insgesamt fragwürdig.

So prangert Lesch alle möglichen Missstände gnadenlos in aller Schärfe an: politische, wirtschaftliche, kulturelle, gesellschaftliche. Jedoch: Der gute Mann ist Astrophysiker! Natürlich dürfte Lesch als besorgter, nachdenklicher Bürger seine Meinung äußern. Doch das tut er eben nicht. Er tut das als Wissenschaftler! Als solcher wird er schließlich überall eingeladen und engagiert.

Und wenn das so ist, dann sollte man dessen waghalsige Kompetenzüberschreitung weit hinaus über die Astrophysik infrage stellen. Doch genau deshalb wird Harald Lesch ebenso wie Ranga Yogeshwar auch als „Wissenschaftsjournalist“ bezeichnet. Das heißt: Die beiden lesen unheimlich viel über andere Wissenschaften – und: reden darüber. Vor allem: letzteres.

Freitag, 1. Juni 2018

pflichtig beschult

Am letzten Schultag vor den Pfingstferien machte die Bundespolizei in Bayern an den Flughäfen München, Nürnberg und Memmingen Jagd. Nicht auf Terroristen, sondern auf Eltern, die ihre Kinder illegal schulschwänzen ließen, um billiger in Urlaub fliegen zu können.

Eltern sind zwar erziehungsberechtigt, doch deshalb können sie natürlich nicht willkürlich über ihre eigenen Kinder verfügen. Etwa, indem sie ihren Nachwuchs in der Schule als erkrankt entschuldigen, nur um in Wirklichkeit einen Tag früher in die Ferien starten zu können. Das ist strikt verboten.

Wo kämen wir da auch hin. Schließlich gibt es in Deutschland eine Schulpflicht. Und die gilt auch für den letzten Schultag, selbst wenn nichts stattfindet, das auch nur annähernd mit Unterricht zu tun hat. Das sollte man keinesfalls einreißen lassen.

Deshalb betrifft die Pflicht zur Beschulung im offenen Vollzug einer geschlossenen Lehranstalt weniger die Kinder als viel(-)mehr die Eltern. Im Gegensatz zu den Kindern nämlich werden die Eltern bei einem Pflichtverstoß richtig bestraft, mit Strafanzeige und Bußgeld.

Dabei wird die Schulpflicht gern fahrlässig gleichgesetzt mit einer Art generellen Bildungspflicht. Wenn es die nicht gäbe, würde schließlich kaum ein Kind freiwillig zur Schule gehen, schon gar nicht tagtäglich regelmäßig. Das Resultat: Eine verdummte Generation. Und das dürfen wir keinesfalls riskieren.

Vielleicht ist das aber auch der falsche Denkansatz. So gibt es, zum Beispiel, keine Vereinspflicht für Kinder, zwangsweise verpflichtend organisiert Sport zu treiben – und trotzdem gehen Schulkinder mehrmals die Woche zum Training, freiwillig und regelmäßig, selbst wenn es anstrengend sein kann.

Vielleicht sollte man – „ganz einfach“ – Schule von Zwang befreien. Und darauf hinwirken, dass Kinder die Lernfreude empfinden, die man ihnen per verordnetem Beschulungszwang genommen hat. Doch selbst dagegen gibt es garantiert Vorbehalte und Widerstände.