Freitag, 23. Februar 2007

Gezählte Stimmung

Heute morgen noch lag meine Stimmung bei etwa 89,3 Punkten. Inzwischen ist sie aus verschiedenen Gründen auf 136,2 Punkte gestiegen. Und Ihre? Oder: Keine Ahnung, wie man das berechnet? Nun: Fragen Sie am besten beim Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) nach, wie das geht.

Berechnet nämlich wurde vom Ifo der aktuelle "Geschäftsklimaindex". Irgendwie. Wie genau erfährt man nicht. Mittels irgendeiner Formel ermittelt "unter 7000 Unternehmen", wie es in einer Meldung heute heißt. Das lässt darauf schließen, dass Fragen gestellt wurden. Etwa in der Art: "Wie ist Ihre aktuelle geschäftliche Stimmung?".
Was würden Sie nun darauf antworten? "4" oder "29"? Eher nicht. Aber das Ifo macht das schon. Irgendwie. Also: Aus in Worte gefassten, zu 100% subjektiven Einzel-Stimmungen eine wissenschaftlich-objektive Zahl zu zaubern.

Wie auch immer: Das Ifo hat es geschafft, dass diese Zahl für das "wichtigste Stimmungsbarometer der deutschen Wirtschaft" gehalten wird, wie es heißt. Und wie es weiter heißt, ist die Stimmung unter den Geschäftsleuten schlecht. Jedenfalls: schlechter als vorkalkuliert. Und das, obwohl just gestern vermeldet wurde, wie großartig die Konjunktur endlich wieder in Schwung gekommen ist, und der Börsen-DAX zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder die 7000-Punkte-Marke erreicht hat. Aber auch diese leichte Diskrepanz kann das Ifo sicher irgendwie berechnen. Hochwissenschaftlich.

Freitag, 16. Februar 2007

"Land der Innovation". Von wegen.

Eine heutige Meldung:
Wo Deutschlands Erfinder sitzen
Deutschland, Heimat der Tüftler und Erfinder. Der neue Patent-Atlas 2006 enthüllt auf 400 Seiten die kreativsten Ecken des Landes
Wie es im Land der Ingenieure und Erfinder um die Innovationskraft bestellt ist, zeigt ein neues Überblickswerk, der "Patent-Atlas", den das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) in München heute vorstellt. [...] Das Land der Tüftler und Erfinder, zeigt sich darin, ist vor allem ein Ländle: Die Region Stuttgart liegt deutlich vorn. Nirgendwo sonst wurden zwischen 2000 und 2005 mehr Patente angemeldet.

"Deutschland, Heimat der Tüftler und Erfinder". Nun ja. Wie so oft lohnt sich auch hierbei ein kleiner Blick unter die Oberfläche dieser Meldung. Vielleicht fällt manchem auf, dass "die Region Stuttgart deutlich vorn liegt". Mit anderen Worten: Die Heimat von Porsche und DaimlerChrysler. Unter anderen. Insofern: Kein Wunder, wenn ausgerechnet dort die Zahl der Patent-Anmeldungen explodiert, wenn jede kleinste technische Veränderung, und sei es auch nur eine zusätzliche Schraube, rein vorsorglich patentiert wird.

So heißt es dann folgerichtig auch in der Meldung: "Die allermeisten Patente werden in Deutschland von Wirtschaftsunternehmen angemeldet - mit steigender Tendenz". Verschwiegen wird dabei, dass auch Wort-Bild-Zeichen, Marken, Produktnamen, Logos und Slogans einen gehörigen Teil dieser "allermeisten Patente" ausmachen. Welch großartige kulturelle Errungenschaft. "Deutschland, Land der Tüftler und Erfinder".

Vor gut einem halben Jahr wurde Dietmar Harhoff, Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums, zu den allgemeinen Jubelrufen interviewt, als gemeldet wurde, Deutschland sei "Europameister der Patentanmeldungen" und liege weltweit hinter den USA und Japan an dritter Stelle.
Harhoff meinte dazu: "Die zunehmende Anzahl der Patentanmeldungen ist kein Beleg für ein Mehr an Innovationen, sondern ein Signal, dass das Patentsystem reformbedürftig ist". Denn: "Der Vergleich mit den Forschungsaufwendungen und anderen Indikatoren zeigt, dass die Qualität der angemeldeten Patente immer weiter sinkt. Es gibt einen Trend, dass sich die Unternehmen ein immer größeres Patentportfolio zulegen, um sich gegen Angriffe der Konkurrenten abzusichern".

Cerny im Taxi (2)

Taxifahrten in Berlin. Auf der Hinfahrt von A nach B. Der Fahrer biegt von der dreispurigen Hauptstraße ab. Jetzt: Enge Nebenstraßen. Danach: Noch engere Nebenstraßen. Kleingartenanlagen auf beiden Straßenseiten. Ich frage den Fahrer, ob er einen Abstecher zu seiner Großmutter plant. "Nee. Det is ´n Schleichwech. So komma schnella durch und det is viel kürza." - "Aha. Aber das hier ist nicht zufällig ein Umweg, um mich ein bisschen auszunehmen?" - "Ach wat". Endpreis: 35 Euro, 40 Cent. Ein paar Stunden später. Rückfahrt von B nach A. Anderes Taxi. Anderer Taxifahrer. Endpreis ganz ohne Schleichweg: 33 Euro, 70 Cent.

Mittwoch, 14. Februar 2007

Das 11.Gebot: "Du sollst arbeiten".

Der gestrige Feierabend, irgendwann gegen 23h00: Kurz durch die TV-Programme gehüpft und bei Sandra Maischberger gestoppt. Eine Diskussion über das Thema "Arbeit". Neben dem obligatorisch anwesendem Gregor Gysi mit dabei auch Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, Chef des "Institut für Wirtschaftsforschung ('Ifo')", sowie auch Thomas Loer, Soziologe und Mitbegründer der Initiative "Freiheit statt Vollbeschäftigung".

Letzterer plädiert für ein "bedingungsloses Grundeinkommen für alle Bürger", hier und da auch einfach "Bürgergeld" genannt. Konkret: Jeder Bürger bekommt monatlich 800 Euro auf sein Konto überwiesen. Einfach so. Ganz ohne Arbeit. Eben: bedingungslos. Ich persönlich halte das für die derzeit einzig sinnvolle Lösung für die Gesamtlage in diesem Land.
Apropos "Sinn". Es empörte sich daraufhin Prof. Dr. Sinn, dass es sich dabei um eine Utopie handeln würde. Er sprach lachend vom Ideal eines "Paradieses": "Geld bekommen, ohne dafür zu arbeiten". Bedauerlich. Versunken im tiefsten Mittelalter: Arbeit als "Quelle für Wohlstand". Arbeiten müssen, um zu leben. Wer nicht arbeitet ist faul und liegt der Allgemeinheit auf der Tasche. Knapp 300 Jahre alte Glaubenssätze. Verbreitet gestern Abend, im Februar 2007.

Eine Gesellschaft, in der die Arbeit nicht das Zentrum des Lebens darstellt, wird also "Utopie" genannt. Mehr noch: Schon alleine die Idee und der Gedanke daran führt zu Empörung. Eine durchaus interessante Reaktion. Ebenso interessant die Begründung, das sei "nicht bezahlbar". Herr Professor Doktor möge das bitte tatsächlich einmal grob überschlagen. Er würde sich wundern. Jedoch: An seiner Meinung würde er wohl dennoch nichts ändern (wollen).

Dienstag, 13. Februar 2007

Blockwart auf dem Schulhof

Arbeitslose bekommen in Berlin tiefblaue Uniformen verpasst, um auf Schulhöfen von Grundschulen den Wach- und Schutzmann zu spielen. "Ein-Euro-Jobs" der besonderen Art, um die "Gewalt an Schulen" einzudämmen. An Grundschulen. So weit ist es schon gekommen. Traurig, aber ganz offenbar notwendig, wenn man Medienberichten, Verlautbarungen und den Zahlen glauben darf. Aber... darf man das?

Die Leiterin des Vereins "Forum Arbeit & Projekte", Marianne Haller, meinte dazu jedenfalls, "dass letztes Jahr erstmals eine umfassende Maßnahme für die Vermittlung von Schulaufsichtskräften gestartet wurde, liege an der steigenden Gewalt an Berliner Schulen". Eine "steigende Gewalt" also. Wie so oft und üblich, sollen das Zahlen nachweisen: "Laut Berliner Senat hat sich die Zahl der gemeldeten Gewaltvorfälle im letzten Jahr mehr als verdoppelt. Während 2005 noch 237 gemeldet wurden, waren es 2006 schon 628". Aha.

Man beachte den feinen Unterschied zwischen "steigender Gewalt" und "steigende Zahl der gemeldeten Gewaltvorfälle". Dass (schlicht und einfach) mehr Vorfälle gemeldet werden, dürfte wohl kaum eine generell steigende Gewalt bedeuten. Was übrigens auch Bettina Schubert, im Berliner Senat zuständig für den Gewaltbericht - zwar nur "zwischen den Zeilen", aber dennoch klar und deutlich - bestätigt: "Wir haben ein Interesse daran, dass eher ein Fall mehr gemeldet wird. Denn das Bewusstsein ist die Grundlage dafür, dass sich etwas ändert". Tja. Wenn man höhere Zahlen möchte, bekommt man sie auch. Zur Not wird dann auch jeder kleine Streit von Grundschülern um ein Kaugummi als "Gewaltfall" gezählt.
Nein: Natürlich nicht, um mit höheren Zahlen irgendeine Panik zu verbreiten oder damit irgendjemand ein paar mal öfter in die Fernsehkameras sprechen darf oder gar um "Ein-Euro-Jobs" zu schaffen. Sondern lediglich "um ein Bewusstsein für Veränderung zu schaffen". Man könnte auch sagen: "Panik machen für ein friedlicheres Leben". Wie fürsorglich.

Dienstag, 6. Februar 2007

Gewichtige Gründe

Eine gestrige Meldung:
Laut "The Independent" und "Financial Times" sollen Kinder unter zwölf Jahren nicht mehr zum Kauf von "Mars" und/oder "Snickers" verleitet werden. Der Hersteller "Masterfoods", der auch "Twix", "Bounty", "Milky Way" und "M&M´s" produziert, kündigte an, einige seiner "Kernprodukte" nicht mehr in dieser Altersgruppe zu bewerben. Der angegebene Grund: Das Ganze sei "eine Reaktion auf die Besorgnis erregend zunehmende Fettleibigkeit von Kindern".

Also: Eine prima, dazu noch "freiwillige" Maßnahme, die Gesundheit von Kindern höher zu bewerten als die eigenen Umsätze. Oder? Oder doch eher reine PR zwecks Sympathieverstärkung? Oder kommt man damit lediglich ohnehin drohenden neuen EU-Gesetzen - trickig als "freiwillige Maßnahme" verpackt - zuvor? Oder beides?

Soweit mir bekannt ist, essen Kinder jedenfalls weder Anzeigen noch Plakate und werden demzufolge auch davon nicht dick und rund. Es ist das beliebte Ursache->Wirkung-Denken, das hier wieder zu bewundern ist: Wird die Werbung nicht mehr auf Kinder abgezielt, essen sie die Riegel auch nicht mehr. So einfach strukturiert ist die Welt offenbar. Jedoch: In der Musikbranche zum Beispiel wird eine neue Popgruppe so zusammengestellt, dass die vermeintlichen "Stars" um einige Jahre älter sind als ihre "Zielgruppe". Nämlich weil man weiß, dass Kinder ganz gern älter sein wollen als sie sind, nicht ungern sogar schon "erwachsen" sein wollen. Und das gilt dann wohl auch für Schokoriegel: Die Kinder wollen das, was sie in der "Werbung für Erwachsene" sehen.

Freitag, 2. Februar 2007

Das Ende ist nahe

Eine heutige Meldung der Nachrichtenagentur dpa:
Uno schlägt Alarm - Klima-Apokalypse naht
Ein Hitzeschub von bis zu 6,4 Grad, die Meere überfluten weite Teile der Küsten, Inseln verschwinden, Dürren raffen Tausende Menschen dahin: Der neue Weltklimareport der Uno zeichnet düstere Zukunftsszenarien. Nur eine CO2-Vollbremsung kann das Schlimmste noch verhindern. [...]

Bei dieser Überschrift und diesem sehr blumig aufgebauten Szenario erinnere ich gern noch einmal an meinen >> Eintrag vom 16. Januar, "Klimaforschern fröstelt es". Nun übertreiben sie aber langsam. Irgendwie erinnert mich das an eine Szene in Loriot "Pappa ante portas", in der ein älteres Pärchen das Ende der Welt verkündet, um damit Reinigungsbürsten zu verkaufen.

Dazu passend folgende heutige Meldung:
10.000 Dollar für Widerlegung der Klimastudie ausgelobt
Die Ölindustrie schlägt zurück: Ein von ExxonMobil gesponsertes US-Forschungsinstitut wehrt sich gegen den Weltklimabericht der Uno. Wissenschaftler, die die Thesen widerlegen können, sollen dafür 10.000 Dollar erhalten. [...]

Ich weiß es nicht. Soll ich mir diese 10.000 Dollar abholen? Ich bin zwar kein Wissenschaftler, aber ein paar Seiten Widerlegung bekomme ich mühelos zusammen. Und ich hätte sogar nicht nur Spaß daran, sondern auch Leidenschaft dafür. Ich mag es nicht, wenn mit der Angst der Menschen herumgespielt wird. Leider jedoch: Ich bin kein Lobbyist der Ölindustrie.

Donnerstag, 1. Februar 2007

Cerny im Taxi (1)

Taxifahrten in Berlin. Auf der Hinfahrt von A nach B. Ich frage den Taxifahrer: "Und? Wie laufen die Geschäfte?" - "Ach, hör´n se oof. Miserabel. So gut wie bei de WM wird et wohl so schnell nich nochma loof´n". Ein paar Stunden später. Anderes Taxi. Anderer Taxifahrer. Rückfahrt von B nach A. Ich frage wieder: "Und? Wie laufen die Geschäfte?" - "Einwandfrei. Ick kann nich klag´n." - "Aha? Immer noch so gut zu tun wie während der WM?" - "Wat? Bei de WM? Da lief et ooch nich viel bessa wie sons". Ansichtssachen.