Donnerstag, 14. April 2011

informativ schiefgelegen (2)


Mitte 2009 legte sich das ZDF ein nagelneues, 700 Quadratmeter großes, „revolutionäres“ Nachrichtenstudio auf dem neuesten Stand der Technik zu, Kostenpunkt 30 Millionen Euro, finanziert vom Gebührenzahler, und kein Mensch regte sich über diese vorsätzliche Geldverpuffung auf. Wenn man tatsächlich der Ansicht ist, Nachrichten müssten heute mit einem Unterhaltungswert angereichert sein, dann war das „heute journal“ vorgestern Abend jedenfalls besonders gelungen.

Aus Gründen ausgleichender Gerechtigkeit, muss ich mich heute einmal mit dem ZDF befassen, wo ich doch kürzlich den ARD „Brennpunkt“ leicht kritisierte. Auch das ZDF hat ein Recht darauf, gebührend betrachtet zu werden.

Offenbar war es nur mit millionenschwerer, modernster Computertechnik möglich, den Moderator des „heute journal“ im „virtuellen Erklärraum“ in virtueller Umgebung zum x-ten Mal ganz real erklären zu lassen, was bei der Atomkatastrophe in Fukushima so alles schief gegangen ist und noch schiefer gehen könnte.
Das Ganze erinnerte (siehe Bilder) unvermeidlich an „Weihnachten bei Hoppenstedts“: „Noch den Neutronenbeschleuniger einsetzen, die Sicherheitskuppel oben drauf und wenn wir etwas falsch gemacht haben, dann soll es jetzt Puff machen“.

Bei einem solch umwerfenden optischen Knaller lässt man sich fast davon ablenken, was der Moderator eigentlich sagt, was allerdings auch genau so gedacht sein könnte, um sich sprachliche Feinarbeit zu sparen.
Zum Beispiel: „Das Reaktorunglück ist heute Abend keinen Deut gefährlicher als es gestern Abend schon war […]“ und „obwohl aus Tschernobyl am Ende zehn Mal mehr Radioaktivität austrat als bisher aus Fukushima“ sind als Behauptungen eher leichtfertig, wenn der Moderator nicht sagt, woher er das eigentlich weiß.
Oder auch: „Da wurde improvisiert: Meerwasser, Feuerwehrschläuche, alles, was kühlte, war recht“. Wobei ich arg bezweifeln möchte, dass Feuerwehrschläuche außer ihrem Zweck, Wasser und Löschmittel von A nach B zu transportieren, auch einen Kühleffekt haben.

Nachdem man anfänglich nahezu jede Möglichkeit ausreizte, mit der nagelneuen Computertechnik alles Erdenkliche, jedes Bild, jede Grafik, jede Schrifteinblendung, als drehende, schwebende, kreiselnde Animation darzustellen, werden diese Effekte erfreulicherweise inzwischen sparsamer eingesetzt, sodass dem Zuschauer etwas weniger schwindelig wird, wenn er die Nachrichten verfolgen möchte.
Ein weiterhin ungeklärtes Rätsel bleibt dagegen, warum sich im virtuellen Hintergrund gleich vier (selbstverständlich: animierte) Weltkugeln befinden, wo wir doch nachweislich auf nur einem Planeten leben, oder ob auch das lediglich dem Unterhaltungswert dienen soll.

Hauptsache, man fühlt sich bestens informiert.

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