Donnerstag, 20. September 2012

In die soziale Kluft gestolpert


Der „Armutsbericht“, der eigentlich „Reichtums- und Armutsbericht“ heißt. Laut dem ZDF „heute journal“ würden „kurz gesagt: die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer“. Im Grunde ist das das übliche Ergebnis, das bei jedem solchen Bericht herauskommt. Man hat sich daran gewöhnt. Bis man sich auch irgendwann an diesen Zustand gewöhnt hat.

Wie es demnach heißt, besitzen 10% der Deutschen über die Hälfte des Privatvermögens. Dieser Besitzanteil sei innerhalb von 10 Jahren von 45% auf 53% gestiegen, gegenüber der „unteren Hälfte“ der Bürger, deren Privatvermögen in diesem Zeitraum von 4% auf 1% zusammengeschmolzen ist. Daraus wird geschlossen: Die Kluft zwischen arm und reich wird immer größer.
Gerade Immobilien, Häuser und Grundstücke machen dabei angeblich den Unterschied zwischen reich und nicht-reich aus. „Die Verlierer“ der Wohlstandsentwicklung seien demnach Ungelernte und „Geringqualifizierte“. Da tröste es nur wenig, dass die reichsten 10% der Bevölkerung über 50% der Einkommensteuer tragen. Berichtet das „heute journal“.

Wie üblich bleibt dabei ungeklärt, was eigentlich genau unter „Reichtum“ und „Wohlstand“ verstanden wird(?). Eine kleine private Meinungsforschung hat ergeben, dass jemand, der „wohlhabend“ ist, ziemlich viel Geld hat – und das tatsächlich ausschließlich auf den materiellen Besitz bezogen wird. Was womöglich daran liegt, dass in unserer Sprache nur der Begriff „wohlhabend“ zur Verfügung steht, nicht aber „wohlseiend“ (abgesehen vom „Zum Wohlsein“, aber das ist wiederum ein ganz anderer Zusammenhang). Schon rein sprachlich hängt der Wohlstand damit also vom Haben und Besitz ab.

Im „heute journal“ ebenfalls beklagt: „Die soziale Kluft in Deutschland wird größer“. Das übliche In-einen-Topf-werfen von Geld und Gemeinschaftlichkeit. Anders gesagt: Wenn das Privatvermögen „immer ungleicher verteilt“ ist, warum wird dann die „soziale Kluft“ immer größer? Hängt es von der Vermögensverteilung ab, einer Oma über die Straße zu helfen oder sich ehrenamtlich zu engagieren?

Womöglich könnte es allerdings zu einer „sozialen Kluft“ beitragen, wenn ein Sender wie das ZDF in einen solchen Bericht Bilder von Männern mit Seidenschal und Frauen in Pelzmänteln hineinbastelt, die mit ihrem kleinen Hündchen in Shoppingmeilen flanieren, vorbei an „Gucci“- und Luis Vuitton-Läden – während beim Stichwort „Ungelernte und Geringqualifizierte“ Bilder von Frisörinnen gezeigt werden.

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