Freitag, 5. Oktober 2012

Mord verursacht Stress


Das Zeitalter der totalen Information ist Schuld daran, dass man sich auf der Suche nach einer halbwegs intelligenten Fernsehsendung heute erst einmal durch zwei Dutzend Kanäle zappen muss, über die vorzugsweise unterhalterischer Problemmüll ausgesendet wird. Dabei hat man fast noch Glück, wenn es sich nur um lästige Spiel- und Quizshows, „Doku Soaps“ und „Reality Dokus“ handelt.

Ansonsten nämlich zappt man sich von einem Kapitalverbrechen ins nächste: „Wir haben keine Fingerabdrücke gefunden“ - „Er hat für die Tatzeit ein Alibi“. „Kein Zweifel: Es war Mord“ - „Wir haben DNA-Spuren am Tatort gefunden“ - „Der Tote wurde mit drei Kugeln erschossen“.
Abgesehen davon, dass man allenfalls einen lebendigen Menschen erschießen kann, aber sicherlich keinen toten, scheint überhaupt nichts anderes mehr produziert zu werden, als Kriminalserien, Mord und Totschlag, von „CSI“ in New York, Miami und sonstwo, über „Navy CIS“ und „Criminal Minds“ bis zu einem dubiosen „Mentalisten“, britischen „Inspector Barneby“ und deutschem „Tatort“. Ich habe mir sagen lassen, es gibt Menschen, die sich das alles tatsächlich ansehen.

Nun leben wir eigentlich in einem Zeitgeist, in dem der Gesundheit und dem Wohlbefinden extrem hohe Bedeutung beigemessen wird. Erwachsene Menschen werden wie Kinder gemaßregelt, indem man ihnen sagt, was sie essen und nicht essen sollen, ab wann sie in der Gefahr schweben, süchtig zu sein nach Internet, Glücksspiel, Tabletten, Alkohol und Zigaretten, etc, etc… nur die geistige Strahlenbelastung durch das ausgestrahlte Fernsehprogramm ist davon ausgenommen.

Und die Stressbelastung durch seriellen Fernsehkonsum? Man könnte vermuten, dass die zahllosen Krimiserien mit ihren Morden am Fließband den Gewohnheitszuschauer abstumpfen lassen: erschossen, erdrosselt, zerstückelt… dutzendfach täglich, was sollte einen da noch in aufgeregte Spannung versetzen können?
Aber falls doch, dann resultiert daraus Stress, mit der Produktion von Adrenalin, Noradrenalin und Hydrocortison, die den Körper auf Hochleistung vorbereiten, auf Kampf oder Flucht. Wenn jedoch weder gekämpft noch geflüchtet, sondern auf der Couch lümmelnd TV-Geflimmer konsumiert wird, dann wird der ganze Hormonfluss auch nicht abgebaut, sondern im Körper abgelagert. Die Folgen: Störung des vegetativen Nervensystems, der Verdauung und des Immunsystems, Stoffwechselstörung, Aggression, Impotenz, Kreislaufprobleme, Ateriosklerose.

Jedoch: Wer will das schon wissen? Ist doch nur Fernsehen, ist doch nur Unterhaltung. Und der erwachsene Zuschauer ist ausnahmsweise mündig genug, um seinen Fernsehkonsum ohne erhobene Zeigefinger und ohne Warnhinweise frei zu gestalten.

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