Donnerstag, 16. Januar 2014

Mathematisch präzise daneben.

Die Welt wird von Mathematikern erklärt und eines Tages von Mathematikern vor dem Untergang gerettet werden. Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird das an einem späten Abend passieren, getarnt als „Bildungsfernsehen“ und gut versteckt in einem der „Dritten“ TV-Programme. Und das wohl auch: zurecht.

Mit der Mathematik stand ich schon immer auf Kriegsfuß. Ich gebe unumwunden zu, dass ich in dieser Thematik schon alleine deshalb nicht neutral sein kann und das auch einen guten Teil meiner Skepsis gegenüber Zahlenspielereien, Statistiken, Studien undsoweiter ausmachen dürfte.

Dabei hege sogar ich eine leichte Bewunderung für bestimmte Leistungen, die durch das Berechnen von Zahlen möglich sind. Zum Beispiel einen Roboter („Curiosity“) zu Erkundungszwecken bis auf den Mars zu befördern, der dort auch noch jahrelang unfallfrei seine Runden dreht, Bodenproben analysiert und Bilder und Daten zur Erde funkt. Das ist immens beeindruckend und gehört mit allem Respekt als enorme Leistung anerkannt.

Davon abgesehen frage ich mich dennoch: Was soll das eigentlich? Es handelt sich dabei um einen der recht seltenen Fälle, in denen die Antwort die selbe Frage provoziert. Diese Antwort lautet: Wir erfahren dadurch mehr über die Geschichte des Mars und die Entstehung des Universums. Das ist natürlich ganz, ganz toll. Aber erneut: Was soll das?

Auch davon einmal abgesehen wurde kürzlich durch zwei Experten an der University of Nottingham, Edmund Copeland und Tony Padilla, bewiesen, dass die Summe sämtlicher positiven Zahlen von 1 bis Unendlich erstaunlicherweise eine negative Zahl ergibt, nämlich minus 1/12, also: 1 + 2 + 3 + 4 + … = -1/12. Vielleicht noch erstaunlicher, dass dieses erstaunliche Ergebnis tatsächlich in der Physik praktisch angewendet wird.

Und auch davon einmal abgesehen, ist das umso erstaunlicher, als dass der Mathematiker Kurt Gödel schon im Jahr 1931 mathematisch bewiesen hat, dass es Aussagen gibt, die man weder beweisen, noch widerlegen kann: Der „Gödelsche Unvollständigkeitssatz“, quasi der Beweis der Unbeweisbarkeit, der zweifellose Beweis, dass sich nichts beweisen lässt - - was übrigens nicht zuletzt ebenso bedeutet: auch für die Mathematik an sich gibt es keinen Beweis! Anders gesagt: Die Mathematik ist nicht in der Lage, sich selbst mit ihren eigenen Mitteln zu beweisen.

Als unmathematischer Laie kann man über so etwas hinwegsehen und sich die mathematischen Experten auf ihrer Spielwiese austoben lassen. Doch auch und zuweilen gerade, wenn einem als Laie das Widersprechen nicht gestattet ist, sollte und muss man es hier und da tun. Nämlich gerade in Fällen, wo sich der Experte auf ein Fachgebiet wagt, auf dem er selbst Laie ist.

Etwa, wenn in der Abteilung „Bildung“ eines der „Dritten“ Fernsehprogramme ein Professor für Didaktik der Mathematik, Prof. Dr. Ulrich Kortenkamp, freihändig behauptet (sinngemäß): Er glaube nicht, dass Übergewicht in den bildungsfernen Schichten aus Veranlagung auftritt. Sondern das sei eben das Ergebnis, wenn man nicht versteht, was auf den Packungen geschrieben steht.

Natürlich darf ein Herr Kortenkamp so etwas sagen. In unserem Land herrscht Meinungsfreiheit. Ganz privat darf er das glauben und äußern. Doch als Professor Doktor in der Sendung eines öffentlich-rechtlichen Bildungsfernsehens darf er das – zumindest – nicht unwidersprochen, wenn überhaupt. Erst recht, wenn es thematisch eigentlich um Mathematik geht.

Ansonsten müsste sich der Prof. Dr. für Didaktik der Mathematik die Frage gefallen lassen, inwiefern es ihm seine mathematische Kompetenz erlaubt, über Menschen zu urteilen? Und wie und warum sein Fachbereich und seine Fachkompetenz gestatten, über Ernährungsgewohnheiten von Menschen in „bildungsfernen Schichten“ zu reden, und was seiner fachlichen Ansicht nach eigentlich „bildungsfern“ ist(?).

Und man hätte ihn fragen können, ob denn wohl ein Bürger mit durchschnittlicher Bildung – oder vielleicht sogar er selbst als Akademiker – in der Lage ist zu erklären, was der Verpackungsaufdruck „mit probiotischen Kulturen“ oder „mit bioaktivem Coenzym Q10“ genau bedeutet oder was genau eigentlich „Omega-3-Fettsäuren“ sind und bewirken?

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