Donnerstag, 5. November 2009

Tradition verquollen.

Nun also doch: das Versandhaus "Quelle" ist pleite. Das Schicksal eines Traditionsunternehmens in einer Zeit und in einem Wirtschaftssystem, in der und dem Tradition kein Wert ist und keine sonderliche Rolle spielt. Außer natürlich rein kalkulatorisch, wenn sich die Tradition für das Markenimage nutzen lässt: der bloße Markenname "Quelle" hatte zu Jahresbeginn jedenfalls noch einen Wert von angeblich zwischen 200 und 250 Millionen Euro, nach der Insolvenz liegt er vielleicht noch bei 50 Millionen. So kann es durchaus passieren, dass das Unternehmen nicht mehr existiert, aber "Quelle" dann doch am leben bleibt. Rein ideell. Als Marke. Irgendwo auf transzendentaler Ebene, sonst nichts dahinter. Erstaunlich, was "die Wirtschaft" so ermöglicht. Zum Beispiel, dass Modedesigner Wolfgang Joop unter seinem eigenen Namen keine Mode mehr designen und verkaufen darf, weil sein Familienname zwischenzeitlich zu einer patentierten Marke wurde. So etwas ist das Gegenteil der so genannten "Realwirtschaft": wenn Luft zu Geld wird; mitunter zu weitaus mehr Geld als es real möglich wäre.
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Doch noch einmal kurz zurück zur "Quelle": Nicht nur der geschätzte Restwert des Markennamens beträgt etwa 50 Millionen Euro, sondern 50 Millionen sind noch im Sommer aus Steuergeldern als "Massekredit" zur Verfügung gestellt worden, damit das Versandhaus seinen überlebenswichtigen Winterkatalog drucken und verteilen kann. Kaum sind die Uhren von Sommer- auf winterliche Normalzeit umgestellt und die Kataloge frisch gedruckt, ist die Quelle versiegt und pleite und sind 50 Millionen Steuergelder verpufft: der Gegenwert stapelt sich jetzt (allenfalls noch mit einem Sammlerwert) in den Kellern des Versandhauses.
Aber halt... wie war das noch: es handelte sich nicht um ein Geldgeschenk, sondern um einen Massekredit. Das heißt: die 50 Millionen sind nicht etwa verpufft, sondern "durch die Insolvenzmasse gedeckt". Das wiederum heißt: der Freistaat Bayern erhält seine Millionen zurück, dafür gehen eben einige "Quelle"-Lieferanten leer aus - und womöglich ebenfalls pleite.
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Aus der Insolvenzmasse erhält übrigens auch der Insolvenzverwalter sein Honorar. Und weil das anteilig zur Insolvenzmasse berechnet wird, beträgt es um die 15 Millionen Euro, für die Arbeit von ein paar Monaten, für die organisatorische Abwicklung der Pleite, unter anderem mit der Organisation eines rettenden Massekredites von 50 Millionen Euro, der dann doch nicht rettend war, sondern letztlich noch einige ehemalige Lieferanten in Not bringen könnte. Die davon betroffenen Mitarbeiter, die sich nun einen neuen Job suchen können, bekommen dagegen keinerlei Zuwendung aus der Insolvenzmasse, sondern im Gegenteil und nur noch 66% ihres letzten Gehaltes vom Arbeitsamt gezahlt. Ein Jahr lang. Danach geht es gleitend über in den "HartzIV"-Regelsatz von etwa 360 Euro. Das sind die Unterschiede, über die man nachdenken darf. Und der nächste Fall lauert schon in den Schlagzeilen. Und der heißt "Opel".

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