In Deutschland ist neuerdings ganz schlecht Skifahren - so steil, wie es bergauf geht. Siehe eine Meldung von vorgestern, 12.03.:
"2007 soll Deutschlands Boom-Jahr werden
Für das laufende Jahr werde jetzt ein Wachstum von 2,8 Prozent prognostiziert, teilte das Institut für Weltwirtschaft (IfW) mit. Bisher hatten die Kieler Wirtschaftsforscher lediglich 2,1 Prozent erwartet. Im Jahr 2006 war die deutsche Wirtschaft noch um 2,7 Prozent gewachsen. "Der Aufschwung in Deutschland setzt sich kräftig fort", heißt es in der neuen Vorhersage".
Oder wie "der entsprechende Index" des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) gestern, am 13.03. prognostizierte:
"Deutsche Wirtschaft wird Europas Wachstums-Lokomotive
Deutschlands Wirtschaft entpuppt sich als überraschend stark. Der wichtigste Konjunkturindex legt deutlich zu, Deutschland hat die Delle zu Jahresbeginn überwunden - die Wirtschaft dürfte nun sogar stärker wachsen als der gesamte Euro-Raum".
"Mehr Wachstum als 2006, nur noch 8,8 Prozent Arbeitslose - so rosig waren die Aussichten lange nicht mehr" laut dem IfW. Das stimmt! Schon satte 2 1/2 Wochen nicht mehr - wenn man sich an die Meldung vom 23.02. (siehe mein Notizblog-Eintrag) erinnert, wonach das vom Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) errechnete angeblich "wichtigste Stimmungsbarometer der deutschen Wirtschaft" noch düstere Zeiten weissagte.
Entweder hat sich in Deutschland seit dem 23.02. etwas radikal verändert, das mir entgangen sein muss. Oder das Ifo hat vor 2 1/2 Wochen ziemlich daneben gelegen. Oder man liegt mit den aktuellen Berechnungen daneben. Oder die ganze Herumrechnerei hat mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun. Oder auch von allem ein bisschen.
Oder ganz anders: Womöglich haben wir Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) den neuen Boom zu verdanken, als er am 08.03. meinte: "Bei Maßnahmen zum Klimaschutz handelt es sich um eine technologische Herausforderung, die wir nicht durch Verbote und Appelle zum Konsumverzicht bewältigen können“.
"Danke, Herr Minister" hat sich die Bevölkerung erleichtert gedacht. Weniger Auto fahren, weniger Energie verbrauchen, weniger Müll produzieren: Nein. Nicht nötig. Denn, wie Gabriel weiter: "Es kann nicht darum gehen, den Klimaschutz gewissermaßen zu privatisieren, indem wir ihn auf den Einzelnen abwälzen".
Also: Auf geht´s, lasst uns weiter fleißig konsumieren. Dem Klima schadet es nicht, und wenn doch, dann ist "der Einzelne" von jeder Schuld befreit - das haben wir schwarz-auf-weiß, nachlesbar, erklärt vom Umweltminister persönlich.
Und dass Sigmar Gabriel auch ansonsten ein sehr vernunft-orientierter Mensch ist, war zuletzt sogar im Fernsehen zu vernehmen: "Ich bin für First-things-first", sagte er zum Thema Einführung eines Tempolimits auf unseren Autobahnen. Auf deutsch: "Eins nach dem anderen". Statt eines Tempolimits (das wohl sehr schnell und quasi von heute auf morgen beschlossen und eingeführt werden könnte) solle besser die Forschung in Sachen Klimaschutz-Technologien forciert werden, etwa in Form der Entwicklung von Motoren, die weniger Sprit verbrauchen (was dagegen wohl ein paar Jahre dauern dürfte).
Also: Immer mit der Ruhe. Nur nichts überstürzen. Ich denke, bevor ein SPD-Politiker 40 Millionen wahlberechtigte Autofahrer gegen sich und seine Partei aufbringt, setzt er wohl er darauf, dass das Thema "Klimaschutz" erfahrungsgemäß in Kürze wieder aus dem Zentrum der Nachrichtenlage verschwinden wird.
3 Kommentare:
Was Sie schreiben ist mir unverständlich. Natürlich muß man Klimaschutz auch mit Wirtschaft abstimmen. Sonst retten wir evtl. das Klima, leben aber wieder wie in der Steinzeit. Es müssen Konzepte entwickelt werden Klima und Wachstum zu vereinbaren.
Gabriel meint der Umweltschutz darf nicht auf den Einzelnen abgewälzt werden? Dann sollte er auch sofort die Ökosteuer abschaffen!
"Sonst retten wir evtl. das Klima, leben aber wieder wie in der Steinzeit. Es müssen Konzepte entwickelt werden Klima und Wachstum zu vereinbaren." (anonym) - Nun ja, dem bisher konsensfähigen Konzept zur Vereinbarkeit mit dem Wachstum folgt das Klima bereits seit einiger Zeit, auf recht eindrucksvolle Weise sogar.
Ich persönlich habe so meine Zweifel an der menschlichen Hybris, die sich anschickt, das Klima zu retten wie ein insolvenzbedrohtes Unternehmen, durch ein paar geeignete Managementmaßnahmen. Übrigens spricht manches dafür, dass es auch schon in der Steinzeit Klima gab, und es manchmal nett und freundlich, manchmal düster und bedrohlich auf die Menschen wirkte. Mag aber auch sein, dass die damaligen Menschen eher als wir heutigen mit dem Bewusstsein gelebt haben, ein Teil des Klimas zu sein. Diese Idee könnte uns helfen, nicht das Klima oder das Wachstum zu retten (oder miteinander zu versöhnen), sondern: uns zu retten. Und damit meine ich nicht künftige Generationen, sondern tatsächlich und wörtlich: uns. Heute. Dazu müssen wir allerdings neue Konzepte nicht entwickeln, sondern vorhandene endlich anwenden. Dann klappt's auch wieder mit dem Wachstum - der Kinder zum Beispiel.
Kommentar veröffentlichen