Freitag, 11. März 2016

zivilisiert gebildet

Da wurde kürzlich im Radio vermeldet, der bekannte Entertainer Harald Schmidt sei nicht nur ein bekannter Entertainer, sondern „er engagiert sich auch sozial“. Sieh an. Herr Schmidt sei jetzt im Kuratorium einer Stiftung, die sich für die Bildung von Kindern in Afrika einsetzt. Sieh an.

So dehnbar ist der Begriff „soziales Engagement“. Für mich sind das Menschen, die im Dezember bei Eiseskälte mitten in der Nacht Flüchtlinge erstversorgt haben. Oder Menschen, die sich in den Bahnhofsmissionen mit der Suppenkelle in der Hand um Obdachlose kümmern. Oder Menschen, die bei den „Tafeln“ arbeiten.

Harald Schmidt dagegen wird zweimal im Jahr bei einem Tässchen Tee irgendeinen wichtigen Bericht mitunterzeichnen; das jedoch immerhin „sozial engagiert“. Alles übrige ist ein trockenes Win-Win-Geschäft: Die Stiftung deutet beim Spendensammeln auf den prominenten Namen in ihrer Imagebroschüre, und Herr Schmidt steht jetzt als Wohltäter da.

Aber natürlich: wenn es doch darum geht, den armen Kindern in Afrika zu helfen, nicht wahr. An dieser Stelle frage ich mich regelmäßig, ob es da irgendjemanden weit und breit gibt, der so etwas ähnliches wie ein „Gesamtkonzept“ hat? Oder zumindest den Hauch einer Idee davon.

In all unserer arroganten Überweisheit lassen wir also Kindern in (zum Beispiel) Afrika zukommen, was wir für „Bildung“ halten. Und dann? Wenn die nächsten Generationen von Afrikanern dann endlich so umfassend gebildet sind, wie wir Mitteleuropäer, insbesondere wir Deutschen… was dann?

Da werden visionäre Idealbilder gemalt von einem Afrika, das sich Dank seiner gebildeten Menschen u.a. technologisch und wirtschaftlich emanzipiert und entwickelt, allmählich irgendwohin, wo wir in Europa längst sind. Prima. Und dann?

Vor allem haben wir dann etliche neue Absatzmärkte für unsere deutsche Wirtschaft: von Waschmaschine, Kühlschrank und Eierkocher bis zum Fernseher und Auto braucht dann jeder Afrikaner alles, was jeder Europäer standardmäßig längst besitzt. Es müssen ganze Infrastrukturen errichtet werden, Kraftwerke, Kläranlagen, Ver- und Entsorgungsnetze, etc etc.

Was dann passiert, kann man u.a. in Kuala Lumpur besichtigen. Dort hat man genau das mit ökonomischer Gewalt praktiziert. Aus einem mittelgroßen Städtchen am Rande des Urwalds hat man mit Hilfe von Investoren und Konzernen in relativ kurzer Zeit eine Metropole aus dem Boden gestampft.

Die vorher ungebildeten, armen Menschen leben jetzt woanders, irgendwo am Stadtrand, in irgeneinem Slum. Und die gebildeteren haben jetzt all die Probleme, die man in solchen Städten üblicherweise hat: Verkehrsstaus, Abgase, Lärm, Stress und die üblichen Zivilisationskrankheiten, Allergien, Rückenschmerzen, etc, die vorher niemand hatte, um die sich jetzt Experten kümmern, die vorher niemand brauchte.

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