Dienstag, 30. Oktober 2018

freundlich genervt

Man wechselt normalerweise nicht ständig den Wohnsitz. Gott sei Dank. Denn die Kämpfe, die man während einer solchen Aktion mit verschiedenen Telefon-Hotlines („Service“ genannt) bestreiten muss, können einem durchaus den vorletzten Nerv kosten.

Da denkt man, wenn man für seine gesamte technisch-mediale Anbindung an die Außenwelt, für Fernsehen, Internet und Telefon, nur einen einzigen so genannten Provider hat, sollte es relativ unkompliziert sein, einen Umzug zu melden und abzuwickeln. Da wird in irgendeiner zuständigen Abteilung des Konzerns die „F12“-Taste gedrückt, und: fertig. Jedoch: von wegen. 

Denn gerade, wenn sich irgendwo ein Fehler einschleicht, wird man schnell kreuz und quer durch die telefonische Kunden-Hotline verbunden, auf der verzweifelten Suche nach jemandem, der eventuell zuständig sein könnte. Irgendwann haben so viele hilfsbereite Menschen ihre Finger im Spiel, dass aus einem einzigen kleinen zu behebenden Problemchen ein erheblich großes Durcheinander wird. Die Chaostheorie live im Alltag.

Je öfter man zwangsweise mit solchen Hotlines telefonieren muss, desto mehr und unangenehmer fallen einem dabei ein paar Details auf, über die man ansonsten glatt hinweghört. Dabei hat man sich längst an die simuliert stimmlich-automatisierten Sprachmenus erschreckend gewöhnt („Sagen Sie 1, wenn Sie die Wartemusik noch einmal hören wollen“). Wenn man dann doch endlich irgendwann einen Menschen am Hörer hat, bleibt es dennoch mindestens ebenso erschreckend maschinell-automatisiert als menschlich.

„Wie kann ich Ihnen helfen?“ hört man am Ende einer ellenlangen Begrüßungsformel den Gesprächspartner fragen. Eine Antwort wie etwa „Ich hoffe, Sie können“ oder „Ich bin gespannt, ob Sie können“ löst jedoch eher Verwirrung aus: Das Hotline-Personal ist sich der selbstgestellten Frage vor lauter automatisiertem Aufsagens gar nicht mehr bewusst.

Das Gleiche, wenn man im Laufe eines Telefonats in die Warteschleife gelegt und anschließend wieder zurück begrüßt wird: „Danke, dass Sie gewartet haben“. Na, was bleibt einem schon übrig. Eine antrainiert automatisiert-floskelhafte Freundlichkeit, die einem irgendwann auf den Nerv geht. Vielleicht auch nur das berüchtigte „Spiegelbild der Gesellschaft“.

Wenn Sie wüssten... >> www.halloCerny.de