Kaum zu fassen, was in einem angeblich seriösen TV-Magazin einer öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt ungestraft verbreitet werden darf: Mittwoch Abend, 21h00, ARD, "Report" aus Mainz, Thema: "Therapie-Notstand".Das passiert, wenn es heißt "Reporter decken auf"... : Wußten Sie schon, dass sich in Deutschland jeden Tag ein Jugendlicher das Leben nimmt? Ich wußte es nicht. Und war einigermaßen erstaunt, das zu hören: Jeden Tag begeht ein Jugendlicher Selbstmord. Das muss man sich erst einmal wirklich bewusst machen. Das alleine war für mich bereits erschreckend.
Noch sehr viel erschreckender allerdings, was die Redaktion von "Report" der breiten Öffentlichkeit dazu mitzuteilen hatte:Man erklärt dem Fernseh-Publikum, dass es hin und wieder Anzeichen dafür gibt, wenn Jugendliche mit Selbstmordgedanken spielen. Und genau darum dreht sich dann auch der Bericht. Nämlich darum, was getan werden könnte, wenn solche Anzeichen bei einem Jugendlichen erkannt werden: Es wäre in einem solchen Fall dringendst eine psychologische Hilfe nötig. Heißt es. Also: Eine Therapie. Es sei deshalb ein unerträglicher Zustand, dass es in Deutschland zu wenig Therapeuten gäbe: Nicht selten gibt es Wartezeiten zwischen 6 Monaten und 2 Jahren(!). Stolz wird berichtet, dass die Redaktion von "Report" mit einem Experten der Bundespsychotherapeutenkammer eine "genaue Analyse" durchgeführt hätte, wonach etliche Kinderpsychotherapeuten in Deutschland fehlen würden.( Wie und auf welche Weise und mit welchen Zahlen diese Analyse durchgeführt wurde und wieviele Therapeuten denn nun genau fehlen, wurde übrigens nicht gesagt )
Nach den "Berechnungen" dieses Experten Dr. Dobler, der eine psychotherapeutische Praxis in Nord-Württemberg führt, entfallen angeblich "circa 130 bis 140 kranke Kinder und Jugendliche auf einen Therapeuten". Was bedeuten würde, dass circa 50 Prozent der kranken Kinder und Jugendlichen unbehandelt bleiben, weil sie keinen Behandlungsplatz finden. Schlussfolgerung: Die Kinder "gehen verloren, weil sie allein gelassen werden". In Deutschland herrsche ein nicht mehr hinnehmbarer Therapie-Notstand.
Dem entsprechend befasst sich der restliche Bericht dieses TV- Magazins damit, wie sich dieser Notstand beheben lassen könnte, und befragt dazu Psychotherapeuten und Krankenkassen. Betonung(!): Man hat einen "Mangel an Therapeuten" festgestellt. Und man befasst sich eingehendst damit, dass dieser Mangel schnell behoben werden muss und wie das gehen könnte.
Haben Sie es bemerkt? Statt sich damit zu beschäftigen, w-a-r-u-m heute überhaupt dermaßen viele Kinder und Jugendliche an Selbstmord denken, beschäftigt man sich hochintensiv damit, w-i-e man diese enorme Masse in Therapien unterbringen kann.Dem entsprechend sieht natürlich auch die "Lösung" aus: "Wir brauchen mehr Therapeuten". Kein Gedanke daran, wie man es schaffen könnte, Therapeuten überflüssig zu machen, indem man von vornherein verhindert, dass unsere Jugend durchdreht.
Anders formuliert: Wir tun rein gar nichts dafür, damit Kinder und Jugendliche glücklich, optimistisch und lebensfroh sind. Sondern wir lassen sie lieber in totale Depression verfallen, und suchen nach "Lösungen", sie davon zu "heilen". Das ist in etwa so, als ob man die Jugendlichen zur Brücke begleitet, dabei zusieht, wie sie sich in die Tiefe stürzen, und den Notarzt ruft, sobald sie unten aufgeschlagen sind.Ich frage mich ernsthaft, wer hier kranker im Kopf ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen