Dienstag, 14. September 2004

Irgendwie dumm

Endlich! Endlich gibt es wieder eine neue Studie, die uns ein weiteres Mal bescheinigt: Deutschland, einst das Land der Dichter und Denker, steht am Abgrund. Diesmal wieder: Bildungstechnisch.

Offiziell liest sich das so: "Deutschland investiert im internationalen Vergleich weit weniger Geld in Bildung als andere Staaten. Das ist das wichtigste(!) Ergebnis der OECD-Studie 'Education at a glance'". Ich persönlich - der regelmäßige Leser meiner Artikel weiß das bestens - halte von Studien nicht besonders viel. Erst recht dann nicht, wenn es um Begriffe wie "Bildung" geht: Denn ich schätze, auch in dieser erneuten Studie wird kein Wort darüber verloren, wann genau ein Mensch "gebildeter" ist als ein anderer.
Doch darum geht es in dieser Studie erstaunlicherweise auch gar nicht: Sondern es geht zum Beispiel um die Staats-Investitionen in den Bereich Bildung: "Die OECD-Mitgliedsstaaten wendeten im Jahr 2001 durchschnittlich 5,6 Prozent ihres Bruttoinland- produktes für ihre Bildungssysteme auf, Deutschland dagegen nur ganze 5,3 Prozent. Die höchsten Ausgaben verzeichnen neben Korea (8,2 Prozent) die USA (7,3 Prozent)".Aha.Was soll unsereins nun daraus schließen? Dass in Deutschland die Dummheit regiert, weil unser Staat weniger Geld als international "durchschnittlich üblich" in das Bildungsystem investiert? Und soll das wiederum heißen: Wer mehr Geld in Bildung investiert wird automatisch schlauer?
Ich persönlich bin der beste Beweis für die Falschheit dieser Annahme. Mir ist nicht bekannt, wieviel Geld meine Eltern damals an ein bestimmtes Lehrinstitut zahlten, damit sich meine Noten in Mathematik verbessern sollten. Ich weiß nur: Es waren Unsummen. Und ich weiß: Es war erfolglos. Anders formuliert: Wenn es heißt, wer mehr Geld in Bildung investiert, wird automatisch schlauer ... muss man dann einen Menschen als "Genie" bezeichnen, der monatlich -zig Tausend Euro in Bücher investiert, in denen zu lesen steht, dass die Erde eine Scheibe ist und Hexen verbrannt gehören? Und was genau soll es aussagen, dass die USA sehr viel mehr Geld in ihr Bildungssystem investieren als Deutschland? Sind die US-Amerikaner - immerhin ein Volk, das einen Schauspieler zum Staatsoberhaupt wählt, den weltweit meisten Müll pro Haushalt produziert und 40 Prozent des weltweiten Energiebedarfes für sich und seine Klimaanlagen beansprucht - nun "gebildeter" als wir in Deutschland?

Allerdings soll das alleine natürlich nicht den Bildungs-Notstand in Deutschland nachweisen. Sondern auch unser "erheblicher Rückstand" bei der Zahl der Hochschulabsolventen hat offensichtlich bedeutenden Einfluss auf das hiesige Bildungsniveau: Es heißt: "In Deutschland schlossen im Jahr 2002 19 Prozent eines Altersjahrgangs ein Universitäts- oder Fachhochschulstudium ab. Trotz der Steigerung liegt Deutschland noch immer deutlich unter dem OECD-Mittel von 32 Prozent". Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Jörg Tauss, meint dazu: "Das deutsche Bildungssystem bringt zu wenig Abiturienten hervor". Aha.
Auch hier wieder: Was soll das nun genau heißen? Die Menge und Masse der Hochschulabsolventen ist der Gradmesser für das Bildungsniveau einer Gesamtbevölkerung?Und soll das wiederum heißen, dass Menschen ohne Hochschulabschluss demnach "ungebildet" sind - also: der Gärtner, der Schreiner, der Bäcker und der Kfz-Mechaniker? Spätestens an dieser Stelle wird diese "Bildungs-Studie" für mich zumindest fragwürdig, wenn nicht gar ein wenig menschenverachtend. Oder einfach nur: dumm und ungebildet.( P.S.: Dass diese Studie in Politikerkreisen auch noch als Grundlage verwendet wird, um angeblich notwendige Reformen am deutschen Bildungssystem einzuklagen, zeigt (mir), wo die Probleme in unserem Land tatsächlich liegen. )

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