Montag, 25. Juli 2011

geschlechtlich verzwickt.


Am letzten Tag der Frauen-Fußballweltmeisterschaft brachte es der Chef des Weltverbandes gnadenlos auf den Punkt: „Die Frauen-Mannschaften… äh… die Frauschaften…“. Eben. Ist eine Mannschaft, die aus Frauen besteht, eine Mannschaft? Eine Frauengruppe? Und darf man bei großartiger Atmosphäre bei einem Frauenfußballspiel von einem „Hexenkessel“ sprechen, wie ein Moderator während dieser Veranstaltung fragte?

Oder offenbart sich hier etwa eine noch immer herrschende kopflastige Problematik der Gleichberechtigung von Mann und Frau, Frau und Mann? Im Jahr 2011? Im 21. Jahrhundert?

Letzte Woche wurde in Österreich politisch beschlossen, die dortige Bundeshymne im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit zu ändern: Statt „Heimat bist du großer Söhne, Volk, begnadet für das Schöne“ heißt es ab dem nächsten Jahr „Heimat großer Töchter, Söhne…“. Das ist konsequente Gleichstellung. Oder vielleicht auch nur eine andere Form des selben Problems.

Gerade die politische Sommerflaute in Berlin könnte geeignet sein, auch über die deutsche Nationalhymne geschlechtsspezifisch nachzudenken: „Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland. Danach lässt uns alle streben, brüderlich mit Herz und Hand“. So, so. Brüderlich. Während die Frauen schwesterlich vereint in der Küche am Herd stehen. Oder wie soll man das verstehen? Das könnte man zeitgemäß ändern. Man könnte auch fragen, welche Frau mit dem traditionellen Text wirklich ein Problem hat. Oder welcher Mann.

Dazu könnte man eine der beliebten Umfragen starten. So, wie es die Redaktion der Fernsehsendung „Hart aber fair“ tat, eine Reporterin losschickte, um Männer nach deren Meinung über Frauenfußball zu befragen, und ausschließlich positive Reaktionen bekam. Redaktionsintern wollte man das nicht glauben, schickte daraufhin einen männlichen Reporter auf die Straße, der wiederum ausschließlich auf Männer traf, die sich über Frauenfußball lustig machten.

So viel einerseits zum Thema „Objektivität“ von Umfagen. Andererseits war damit für die Redaktion von „Hart aber fair“ erwiesen, dass Männer gegenüber Reporterinnen lügen und nur gegenüber einem männlichen Reporter die Wahrheit sagen. Was man auch umgekehrt interpretieren könnte: gegenüber einem anderen Mann will Mann nicht als Schwächling wirken, gegenüber einer Frau fällt es ihm dagegen leichter, etwas „Emotionales“ zu sagen. Es ließe sich allerdings auch in Erwägung ziehen, dass einem Befragten unbewusst durch den Kopf geht „Was will sie/er wohl von mir hören?“.

Es scheint, als sei diese Thematik noch immer verzwickter als man es für möglich halten möchte. Vielleicht spielt es auch eine Rolle, dass politisch seit ein paar Jahren nicht mehr von Gleichberechtigung, sondern von Gleichstellung gesprochen wird. Denn immerhin: berechtigt ist man, gestellt wird man.
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