Montag, 3. August 2015

strukturell gewandelt

Gegen so genannte „wirtschaftliche Interessen“ ist nur wenig auszurichten. Wenn es darum geht, dass irgendwo viel Geld (oder: noch mehr Geld) zu machen ist, wird alles andere zweitrangig. Das ist es wahrscheinlich, warum Deutschland ein so wahnsinnig reiches Land mit wahnsinnig wohlhabenden Bürgern ist, ...die jedoch manchmal zu ihrem Glück gezwungen werden müssen.

Kürzlich wurde – ganz nebenbei – über die Nachrichten im Radio mitgeteilt, dass der „Allgäu Airport“ in Memmingen endlich ausgebaut werden darf. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat das jetzt entschieden. Wie üblich, stand dem Ganzen der notorische Protest uneinsichtiger Anwohner und dem Bund Naturschutz (BN) entgegen. Die einen sorgten sich um ihre Gesundheit wegen des Fluglärms, die anderen argumentierten wie immer mit Klimaschutz und Artenerhaltung. Beides richterlich als unbegründet verworfen und abgeschmettert. Wie üblich.

Und auch Deutschlands zweitgrößter Flughafen, nämlich der in München, darf jetzt endlich noch größer werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat nach etlichen Jahren nun auch die letzten Beschwerden gegen die Revision im Verfahren um die dritte Start- und Landebahn zurückgewiesen. Ein für allemal. Jetzt dürfen die Bagger anrücken. Auch hier sind sämtliche Bedenken und Einwände natürlich unbegründet. Ausschließlich begründet ist, wie immer, das wirtschaftliche Interesse, das offenbar über allem schwebt.

Das erinnert mich unweigerlich an meine Heimatstadt Duisburg und ihre enormen Probleme mit dem Strukturwandel, viel mehr noch mit den krampfhaften Versuchen eines Imagewandels: weg vom Image der grauen „Stadt Montan“, von Bergwerken, Stahlwerken und von Szenarien aus Schimanski-Tatorten, irgendwohin, wo Duisburg endlich als moderne, attraktive Großstadt wahrgenommen wird. Attraktiv vor allem natürlich für Investoren, irgendwann in der Folge dann auch für die Bürger. Auf dem Papier jedenfalls wäre das folgerichtig, es muss nur gut geplant sein.

Da versuchte man etwa, die Stadt Bochum mit ihrem Touristenmagneten „Starlight Express“ zu kopieren, stampfte für „Les Misérables“ ein eigenes Musicaltheater aus dem Boden, und vollführte damit eine recht peinliche Pleite. Für das Jahr 2010 holte man die „Love Parade“ mit stolzgeschwellter Brust nach Duisburg und muss jetzt noch froh sein, wenn nach der tragischen Katastrophe die Stadt anderswo im Land trotzdem noch eher mit Schimanski in Verbindung gebracht wird. Und dann hat man mitten in der City ein Spielcasino eröffnet. In einer Stadt notorisch am Rande der Pleite, mit einer Arbeitslosenquote von 13,2%, doppelt so hoch wie auf Bundesebene: Ein Spielcasino. Natürlich.

Ideen vom Feinsten für den Strukturwandel. Im gedanklichen Hamsterrad für die wirtschaftlichen Interessen, die irgendwann eventuell und möglicherweise vielleicht auch einmal den Bürgern zugute kommen würden sollen könnten. Vielleicht sollte man in Duisburg den Bau eines Flughafens ins Auge fassen. Das hat sogar in Memmingen funktioniert und kann problemlos durch alle Instanzen durchgeboxt werden. Der darf dann allerdings keinesfalls Horst-Schimanski-Airport heißen.

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