Unsere Kultur
ist auf dem besten Weg, den Planeten für Menschen unbewohnbar zu machen. Und
unsere Kultur ist hochgradig technologieversessen. Man darf das beides durchaus
in einem Zusammenhang sehen. Doch leider hat man uns beigebracht, dass HighTech
der ultimative Problemlöser ist.
Es war
einmal… ein gewisser Bill Gates, der die Vision formulierte „a computer on
every desk and in every home“. Zu dieser Zeit hatte man dafür nur ein amüsiertes
Lächeln übrig: Was soll Otto Normalbürger denn bitteschön mit einem Computer?
Das Lachen kann
einem inzwischen nicht nur längst vergangen sein, vielmehr erfolgt es heute bei
der umgekehrten Frage: Wie, bitteschön, sollte unser Lebensalltag ohne den
ganzen Digitalkram überhaupt noch funktionieren?
Der Siegeszug
des Computers ist also vor allem eines: ein glänzender Verkaufserfolg. Man hat
uns äußerst erfolgreich die Idee und Überzeugung verkauft, wie wahnsinnig
nützlich und hilfreich Computertechnologie doch ist.
Auf dieser
Grundlage kann man uns inzwischen nahezu alles unterjubeln, vor allem: als
„Fortschritt“. Zumindest rein technologisch, versteht sich. Die Frage, was das
eigentlich alles soll, wird in diesem HighTech-Trubel weiterhin nicht gestellt.
Ein Paradebeispiel
war kürzlich in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ zu sehen. Als Gästin geladen und
erschienen war unter anderen Frau Miriam Meckel, offenbar auf Werbe-Tour für
ihr Buch „Brainhacking“.
Moderator
Markus Lanz stellte Miriam Meckel vor: „Sie sagen, wir sind heute so weit, wir
können Gedanken lesen!“. Frau Meckel nickt, „Das geht sogar relativ einfach“, und
beschreibt prompt einen Selbsttest in einem Versuchslabor an der Uni Tübingen.
Ganz so, wie das ohnehin jeder schon kennt, ein Proband vor einem Monitor hockend,
eine Elektrodenhaube über den Kopf gezogen, undsoweiter.
Auf dem
Monitor, so Frau Meckel, seien die Buchstaben des Alphabets in einer bestimmten
Anordnung dargestellt: „Ich muss mich dann darauf konzentrieren… nachdem sich
die Software auf mich eingestellt hat, wie mein Gehirn tickt sozusagen, wie es
reagiert, wenn ich ein A denke oder ein D denke, oder so. […] Und jetzt muss
ich mich konzentrieren, auf den Buchstaben, den ich schreiben möchte. Das hat
ein paar Minuten gedauert, aber: es geht!“ Toll. Wenn man die Zeit und Geduld
hat.
Und weiter: „Ich
hab einfach durch Konzentration auf die Buchstaben, ich will ein A schreiben
oder ich will ein I schreiben, habe ich diesen Buchstaben auf den Bildschirm
befordern können“ […] „Und das ist wirklich eine hohe Konzentrationsleistung.
Irgendwann ging die Tür auf, jemand guckte hinein, sagte ‚Entschuldigung‘ und
machte die Tür wieder zu, da war Ende mit Schreiben, bestimmt für eine
Viertelstunde. Keine Konzentration, eine Störung, dann geht nichts mehr.“ Offenbar
dieTücken hochsensibler HighTech.
An der Zukunft
würden „Google“, „Facebook“ und Co. natürlich schon arbeiten, sodass man
irgendwann, so Frau Meckel, „Texte denken kann, eMails denken, SMS denken
[…].Sie liegen auf einem Sofa mit einem Glas Rotwein in der Hand und denken
ihre eMails an ihre Kolleginnen und Kollegen“.
Aber
natürlich. Mit einer Elektrodenhaube auf dem Kopf und in Jogi-Löw-Manier mit
„högschter Konzentration“, gaaaanz langsam, Buchstabe für Buchstabe. Wer das
unbedingt als revolutionäres, technisches „Gedankenlesen“ verstehen möchte, der
scheint seine Gedanken wohl üblicherweise einzeln zu buchstabieren.
Vor lauter
blinder Begeisterung gegenüber dem scheinbar technisch Machbaren und Möglichen
schmilzt jede annähernd kritische Haltung dahin. Nicht nur in Bezug darauf, was
uns da wieder einmal völlig sinnfrei als „Fortschritt“ untergejubelt werden
soll – sondern auch. verkauft.