Ende der 1970er bis Mitte der 1980er Jahre war ganz schön
was los in Deutschland. Es gab eine Hausbesetzerszene, es gab Demonstrationen
gegen die Stationierung von Mittelstreckerenraketen in Deutschland und demonstrierten
regelmäßig Atomkraftgegner. Das waren offiziell, politisch wie medial: alles „Chaoten“.
So gesehen war es die letzten paar Jahre vergleichsweise
ziemlich ruhig. Es schien, als wäre die Bevölkerung massenhaft narkotisiert
kaum noch von ihrer Couch, ihrem Fernseher und ihrer PlayStation wegzubekommen.
Anlässe hätte es sicherlich ein paar gegeben.
Mit dem Internet und insbesondere mit den „sozialen
Medien“ wurde das ein wenig anders: Jetzt konnte man seine Meinung öffentlich bundes-
und sogar weltweit verkünden, sich massenhaft engagieren und/oder chaotisch
toben, ganz bequem von Zuhause aus, relativ äußerst gefahrlos, mit einem
Sicherheitsabstand so weit die Datenleitung reicht.
Diese Verhinderung und aktive Vermeidung der direkten persönlichen
Auseinandersetzung mit Menschen anderer Meinung hat Folgen. Zumal hierbei nicht
nur bekannterweise sämtliche non-verbalen Signale wie Gestik und Mimik
flachfallen. Es hat sich dazu noch etabliert, die Welt auf ein schnödes „Gefällt
mir“ oder eben nicht zu reduzieren, Daumen hoch oder runter, dazwischen gibt es
nichts.
Wenn man lernt, die Welt durch diese künstlich digitale
Brille wahrzunehmen, wähnt man sich gern auch in einer Welt auf dem
intellektuellen Stand des Kalten Krieges, in der das eindeutig Gute gegen das eindeutig
Böse kämpft. Wobei dummerweise jeder vollauf davon überzeugt ist, zu den Guten
zu gehören.